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Archiv-Artikel

WOLFGANG GAST LEUCHTEN DER MENSCHHEIT Schlapphut auf Abwegen

Keine Frage, schwierig-merkwürdige Bücher wird es immer geben. Oft lassen sie sich ignorieren. Leider gibt es Ausnahmen. Ein solcher Fall ist der Band „Nur für den Dienstgebrauch. Als Verfassungsschutz-Chef im Osten Deutschlands“ von Helmut Roewer (Ares Verlag, Graz 2012). Vielleicht erinnert sich ja die oder der eine: Der Mann wurde vier Jahre nach der Wende Chef ebenjener Landesbehörde in Thüringen – zu der Zeit, als sich das spätere Zwickauer Terror-Trio um Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe noch im „Thüringer Heimschutzbund“ organisierte, um dann Ende 90er Jahre nach dem Auffliegen ihrer Bombenwerkstatt in den Untergrund abzutauchen.

Dass dem Verfassungsschutz in Erfurt entging, dass sich in Thüringen rechte terroristische Strukturen gebildet hatten, obwohl das Landesamt die Szene an führenden Stellen mit V-Männern infiltriert hatte, ist das eine. Das andere, ebenso gravierende, ist, wie ein ehemaliger Amtsleiter in seinen Memoiren darüber berichtet. Besser gesagt: schönredet. Schuld sind vor allem die anderen – die inkompetente Polizei, intrigante Vorgesetzte in den Ministerien, mit der Justiz war es auch nicht toll. Das Buch ist eine einzige Abrechnung mit Freunden (die sind selten) und Feinden (die dafür häufig), die dem Beamtenexport aus dem Bonner Innenministerium im Osten der erweiterten Republik begegneten. Nach Lektüre der 270 Seiten „Für den Dienstgebrauch“ meint man zu wissen, woher der Begriff „Besser-Wessi“ rührt. Passend dazu werden die Namen des Zwickauer Terrortrios nur am Rande erwähnt. Und kaum zu glauben: Mit „Beate Tschäpe“ ist der Name der jetzt angeklagten Beate Zschäpe auch noch falsch geschrieben.

■ Der Autor ist Redakteur der taz Foto: privat