WOCHENÜBERSICHT: LAUTSPRECHER : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Am Mittwoch wird im Kato ein Thema angeschnitten, dass die Bewegungslinken gern verdrängen, weil es nicht in ihr Wunschbild passt. Wenn denn die „linken“ Aufbruchsgaranten Chávez und Ortega gar nicht immer so gut sind, soll das lieber verschwiegen werden. Umso wichtiger, dass Violeta Delgado und Sarah Diehl über das sandinistische Abtreibungsverbot informieren, das Abtreibungen selbst dann untersagt, wenn Gefahr für das Leben der Frau besteht. Da staunt selbst der hiesige Papist. Wenn es um Macht geht, schrecken die Sandinisten offensichtlich vor nichts zurück. Es geht ja auch nur um Frauenrechte.
Am gleichen Abend wird in der Friedelstraße 54, die sich zum Neuköllner Protestzentrum zu entwickeln droht, über die Prekarität jeder Lohnarbeit geredet. Das ist, wenn es ums Ganze geht, selbstverständlich richtig, und richtig ist, ums Ganze zu kämpfen und nicht nur gegen Hartz IV. Aber hilft die pseudoproletarische Fragestellung: „Wie können angeblich ganz alte Theorien und dicke, fette Bücher uns helfen, die ganze ökonomische Scheiße wenigstens ein bisschen zu verstehen?“? Nein, denn mit so was Blödem kann man die „einfachen Leute“ nicht anlocken. Die sind ja nicht blöd.
Am Donnerstag wird in der Baiz das Buch „Agit 883“ vorgestellt; der Titel verrät schon, dass es um die gleichnamige Zeitschrift geht, die 1969–1972 die halbe Linke Westberlins mit Gutem und Bösem fütterte.
An nämlichen Tag, der ja auch Internationaler Frauentag ist, wird in der Galerie Olga Benario daran erinnert, dass Rosa Luxemburg eine Migrantin war, was jene gern vergessen, die nun zu Rosa-Luxemburg-Konferenzen den Abschiebeaktivisten Lafontaine einladen. Traudl Vorbrodt referiert in der Galerie daher über „Bildungschancen junger Mädchen ohne deutschen Pass“. Sehr gut.