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Archiv-Artikel

WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

„Zwei Etagen. Keine Treppe“, Hau I, Premiere 4. 6.
„Facing Death“, Carrousel Theater, ab 1. 6.

Die EU ist schon erweitert, bloß der Horizont der Individuen noch nicht. Aber wozu ist schließlich das Theater da! Die neue Produktion des Theaters unterm Dach nimmt die Indentitätsprobleme der neuen Ostmitglieder, speziell der weiblichen, einmal genauer unter die Lupe: „GottimWesten“ erzählt in einer dramatischen Textcollage die eher unwahrscheinliche Biografie einer Ost-West-Frau, deren Seele à la Frankensteins Monster aus den verschiedenen Zutaten der alten Systeme zusammengesetzt ist. Doch halten Zeiten wie diese für ahnungslose Metropolenbewohner noch ganz andere Probleme als gespaltene Ost-West-Identitäten bereit. Damit befasst sich multimedial das Projekt „Underground“ der Regisseurin Kazuko Watanabe in der U-Bahn-Station am Bundeskanzleramt. Basis ist Haruki Murakamis literarische Auseinandersetzung mit dem Giftgasanschlag der Aum-Sekte in Tokios U-Bahn im März 1995. Die Inszenierung gehört zum Performing Arts Labor, veranstaltet vom Haus der Kulturen der Welt unter dem Titel „Intransit“. Von den Unwägbarkeiten unserer schrecklich modernen Zeiten handelt auch das Musiktheaterstück „Zwei Etagen. Keine Treppe“, das Klaus Lang nach einem Buch von Jenny Erpenbeck schrieb. Wo sind wir heute überhaupt noch sicher?, fragen sich zwei Frauen und kommen zu erschütternden Befunden. Realisten mögen hier einwenden, dass die Existenz schon immer eher unsicher war und an den Rändern des Lebens die Welt plötzlich am intensivsten wahrgenommen wird. „Facing Death“ heißt die jüngste Produktion des europäischen Kulturprojekts Magic-Net, hierzulande vom Carrousel-Theater vertreten. Basis sind Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland sich mit Gewalt Richtung Osten erweitern wollte. Briefe, die von Soldaten und ihren Frauen, Kindern oder Eltern geschrieben wurden.

„Underground“, U-Bhf. Reichstag, ab 5. 6.
„GottimWesten“, Theater unterm Dach, Premiere 3. 6.