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WM-TerminplanerFreispruch für die NPD

Die NPD-Führungsriege war wegen wegen eines Terminplaners zur WM 2006 angeklagt. Der Vorwurf: Volksverhetzung. Jetzt endete der Prozess mit einem Freispruch.

Frank Schwerdt (links), Udo Voigt (Mitte) vor dem Berliner Landgericht. Rechts der Anwalt. Bild: dpa

BERLIN taz | In einer Berufungsverhandung vor dem Berliner Landgericht wurden an diesem Mittwoch der NPD-Vorsitzende Udo Voigt und zwei weitere Funktionäre der Partei vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. In einer ersten Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten im Jahre 2009 war das Trio noch zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Das Amtsgericht bewertete seinerzeit einen von der NPD herausgegebenen Planer für die Fußballweltmeisterschaft 2006 als "rassistisch".

Denn auf dem Titel war ein Nationalmannschaftstrikot mit der Nummer 25 abgebildet. Und daneben stand der Spruch: "Weiß – nicht nur eine Trikotfarbe für eine echte Nationalmannschaft". Die 25 war die Trikotnummer des schwarzen Spielers Patrick Owomoyela.

Das Landgericht urteilte jetzt, dass aus der Abbildung nicht zweifelsfrei hervorgehe, dass Owomoyela persönlich oder ein schwarzer Spieler generell herabgewürdigt werden sollte. Auch fehle der Appellcharakter, der eine Volksverhetzung rechtfertige, so die Richterin. Die Angeklagten hätten zwar "eine fremdenfeindliche Position zum Ausdruck gebracht", was aber noch keinen Straftatbestand darstelle.

Bereits zu Prozessbeginn hatte Udo Voigt angegeben, nicht Owomoyela, sondern der Spieler Sebastian Deisler sei auf dem Planer abgebildet. Und es sei auch um das schmutzige Finanzgebaren im Profifußballs gegangen. Dann allerdings wetterte der NPD-Vorsitzende gegen Multikulti und forderte, dass sich "unser Volk" in der Nationalelf wiederfinden müsse.

Owomoyela hatte die NPD-Kampagne als "bestürzend und kränkend" bezeichnet. Sein Anwalt sprach von einer "Fehlentscheidung". Der Planer sei zweifellos rassistisch. Anders mache doch der Spruch keinen Sinn. Auch der Staatsanwalt, der auf die Verhängung von Freiheitsstrafen plädiert hatte, sah das so. Das Amtsgericht hatte das braune Trio zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt, die NPDler dagegen Berufung eingelegt.

Die Freisprüche passen der NPD jetzt kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ins Konzept. Nach Umfragen könnte die Partei die 5-Prozent-Hürde knacken. Nach außen versucht sie einen bürgerlichen Wahlkampf hinzulegen. Intern aber wird weiter über "Bimbos" und "Kanaken" hergezogen, wie kürzlich von der taz veröffentlichte NPD-E-Mails zeigen.

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6 Kommentare

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  • KW
    Kurt W. Fleming

    Die deutsche Justiz ist auf dem rechten Auge blind. Daher wundert mich diese Entscheidung nicht.

    Wie war das mit den Anti-Nazi-Demos in Dresden im letzten Jahr?

    Soweit informiert, werden nur Vertreter der Linkspartei von der Staatsanwaltschaft verfolgt; in diesem Jahr wohl wieder.

    Selbst dem Sozi Thierse ist das schon aufgefallen.

  • P
    Paulson

    Eine verdammte riesen Sauerei das man mit sowas ohne Strafe davon kommt. Naja, wenn man keine Eier in der Hose hat und sich vor Gericht zum Idioten macht und nicht mal zu seiner eigenen, fremdenfeindlichen Gesinnung steht, ist das kein Wunder. Eine heuchlerische Drecksbande ist das, echt!

  • S
    Stefan

    Völlig richtig, auch Nazis dürfen ihre Meinung sagen. Niemand wurde persönlich angegriffen, und "Neger raus aus der Nationalmannschaft" (was wohl gemeint war) stand da auch nicht. Wenn ich zu jemandem "Liiiiieber Frank" sage und damit erkennbar "Du Arschloch" meine, ist das auch nicht strafbar.

  • U
    Urgestein

    ...und unter den Talaren... da müffelt es schon wieder - oder immer noch - ganz mächtig...

     

    Wann wird uns der Herr Richter von einem NPD-Wahlplakat entgegenlächeln?

     

    Aber wollen wir mal nicht so tun, als hätte völkisch motivierter Zynismus keine Fans in der sogenannten "Mitte der Gesellschaft" - bis zu den rassehygienisch angehauchten Thesen eines Thilo Sarrazin ist es ja nichtmal ein Katzensprung.

  • A
    atypixx

    Eine Antwort auf der NPD-Seite (die haben neuerdings eine Kommentarfunktion) auf die Frage, ob auch das politische Strafrecht, das Freisler exekutiert hat, ohne Wenn und Aber abgelehnt wird:

     

    "In Ermangelung der Kenntnis einzelner Urteile oder Verfahrensdetails können wir uns kein Urteil darüber bilden. Nur auf Basis des immer wieder bis zum Erbrechen gezeigten Filmausschnitts, in dem Freisler in einer erregten Szene gezeigt wird, fällen wir kein Urteil, und mehr werden Sie sicher auch nicht kennen!"

     

    Von den Geschwistern Scholl haben die wohl noch nichts gehört.

  • A
    Anto

    Da Gericht offenbart doch den eigenen Rassismus, wenn es hier von Fremdenfeindlichkeit spricht: Ist doch Patrick Owomoyela keine "Fremder", sondern Hamburger, gebürtiger Deutscher und war sogar noch nie in dem Nigeria, dem Land, aus dem sein Vater kommt. In den Augen des Gerichts jedoch kann eine Schwarze Person gar nicht von "hier" sein, sondern ist immer der Andere, der "Fremde" - eine offensichtlich rassistische Denkweise. Nur weiße Leute können richtige Deutsche sein - alle anderen sind fremd...

     

    (Falls der Begriff "fremdenfeindlich" nicht vom Gericht, sondern nur von der taz verwendet wurde, bezeiht sich dat ganze natürlich auf die Postille)