WIRTSCHAFT: "Wir finden Gehör"
Handelskammer-Präses Melsheimer findet, dass Senat ordentlich regiert. Beim Wissenschaftsressort wartet er auf Vorschläge. Windmesse soll mit Husum kooperieren
taz: Wir haben seit anderthalb Jahren einen von der SPD gestellten Senat. Wie weit erfüllt er bisher Ihre Erwartungen?
Fritz Horst Melsheimer: Der Senat hat die Prioritäten, die er sich gesetzt hat, angepackt. Wir können unsere Anliegen aus der Wirtschaft vorbringen und finden damit auch Gehör. Wenn man sich die Qualität des Senats ansieht, entspricht das schon dem selbst gesetzten Anspruch, ordentlich zu regieren.
Gilt das auch für den Bildungsbereich?
Beim Wissenschaftsressort warten wir auf Vorschläge der Senatorin.
62, ist Vorstandsvorsitzender der Hanse-Merkur Versicherungsgruppe. Er stammt aus einer Winzerfamilie an der Mosel, um deren Weingut er sich nach wie vor kümmert. Seit März 2011 ist er Präses der Handelskammer.
Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat vor der Wahl versprochen, dass sie die Universität redemokratisieren wolle. Bisher ist das nicht passiert. Liegt das an der Handelskammer?
Für uns wäre das ein Rückfall in die unerfolgreichen 70er-Jahre.
Bei der Exzellenzinitiative hat Hamburg trotz der Reformen der vergangenen zehn Jahre nicht gut abgeschnitten.
Das ist leider richtig. Das Thema muss auf die Tagesordnung, aber auf eine andere Art, als es vielleicht geplant ist. Wir müssen als Metropole das Ziel haben, dass wir in der Wissenschaft, Lehre und Forschung exzellent sind.
Was müsste getan werden, um das zu erreichen?
Die Rahmenbedingungen – Lehrstühle und finanzielle Ressourcen – müssen so gestaltet werden, dass gute Wissenschaftler gerne nach Hamburg kommen.
Wie steht es mit dem Schulressort? Sind Sie mit dem Tempo beim Ausbau der Ganztagsschulen zufrieden?
Das könnte einen Tick schneller gehen. Zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen wir unbedingt die Ganztagsschule, weil da alle ein warmes Mittagessen und nachmittags Hausaufgabenbetreuung bekommen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Das Herz der Wirtschaft ist für Sie immer noch der Hafen. Sie erwarten, dass sich der Containerumschlag bis 2025 verdoppelt. Woher nehmen Sie diesen Optimismus?
Der Welthandel wächst doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Wir dürfen nicht nur auf Europa gucken. In anderen Regionen gibt es riesige Potenziale. Außerdem ist der Transport mit dem Schiff am günstigsten. Deshalb führt an der Schifffahrt kein Weg vorbei.
Wie oft soll dafür die Elbe noch vertieft werden?
Wenn die jetzige Fahrrinnenanpassung kommt, wie geplant, dann reicht das für die nächsten 20 Jahre. Die neu entwickelten Schiffe gehen ja nicht mehr in die Tiefe, sondern in die Breite. Außerdem ist mit 16.000 Standardcontainern eine effiziente Größe erreicht. Voraussetzung für das Wachstum ist, dass die Infrastruktur weiterentwickelt wird: die Bahn, die Oberelbe ...
Gerade wird Schleswig-Holstein verprellt, indem versucht wird, die Windenergiemesse von Husum nach Hamburg zu holen. Hätte die Handelskammer die Bremse ziehen müssen?
Wir haben mit unseren Schwesterkammern in Schleswig-Holstein versucht, die Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, um daraus eine Win-win-Situation für Husum und Hamburg zu machen. Auf der Ebene der Beteiligten hat das leider nicht gefruchtet. Ich verstehe die Schleswig-Holsteiner, wo auch aus politischen Gründen in Husum Hallen auf die grüne Wiese gestellt wurden, die da aus wirtschaftlichen Gründen nicht hingehört hätten.
Husum ist immerhin eine Keimzelle der Windindustrie mit vielen Produktionsanlagen.
Aber die Hauptquartiere liegen inzwischen alle in Hamburg – bis auf Vestas. Eine arbeitsteilige Messe, bei der die Firmen sich hier präsentiert hätten und die Produktionsstätten in Husum, das wäre langfristig der richtige Weg gewesen. Mit mehr Goodwill wäre das locker möglich gewesen. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend.
Wird Hamburg zu den Gewinnern oder Verlierern der Energiewende gehören?
Hamburg wird zu den Gewinnern gehören, insbesondere beim Thema „Wind“. Die ganzen großen Unternehmen im Bereich der alternativen Energien suchen den Standort Hamburg für ihre Hauptquartiere. Es entstehen hier in erheblichem Umfang Forschungsressourcen.
Die Handelskammer möchte die Olympischen Spiele immer noch nach Hamburg holen. Auf welchen Flächen sollten die stattfinden, und wie stehen die Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung?
Wir haben eine große Lernkurve durchlaufen mit dem Projekt „Feuer und Flamme“, unserer ersten Bewerbung. Zum Beispiel haben wir festgestellt, dass Hamburg gar nicht so eine große Sportstadt war. Wir haben inzwischen eine ganze Reihe von Projekten angepackt zum Thema „Breiten- und Spitzensport“. Die kürzlich beschlossene Dekadenstrategie des Senats ist dabei nur ein Baustein. Ein einzigartiges Ereignis wie die Olympischen Spiele bringt einen ungeheuren Schwung. Es kommt zu Investitionen, die sonst niemals getätigt würden. Allein schon die damalige Bewerbung hat dazu geführt, dass Hamburg anders wahrgenommen wird.
Wo sollen die Flächen für solche Spiele liegen, gerade wenn sie am Wasser stattfinden sollen?
Das heute zu sagen, dafür ist das viel zu lange hin. Wir können die Spiele frühestens 2028 an die Elbe holen. Der Zuschlag wird allerdings bereits acht Jahre vorher erteilt.
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