WIE VIELE KOMPROMITTIERTE REGIMES VERTRÄGT DIE AFRIKANISCHE UNION? : Die Farce von Khartum
Eigentlich kann sich dieser Kontinent so etwas nicht mehr leisten. Der Staatenbund Afrikanische Union (AU) tagt alle sechs Monate – und zwar immer woanders, wobei ab nächstes Jahr der Januar-Gipfel immer am AU-Stammsitz in Äthiopien stattfinden soll. Immer wieder wird kostbare Zeit mit der Frage verschwendet, ob der jeweilige Gastgeber zugleich auch die AU-Präsidentschaft übernehmen darf. Vor einem halben Jahr traf die Ablehnung Libyen. Diesmal Sudan. Beim nächsten Gipfel im Juli 2006 steht als Gastgeber das kleine Gambia mit seinem Ex-Militärputschisten als Staatschef bereit. Oder auch nicht: Jetzt geht die Präsidentschaft für ein Jahr an Kongo-Brazzaville und dann an den Sudan. Ist das Gastgeberprinzip also schon aufgegeben, und ist dann die perverse Konsequenz, dass 2007 zwar erst das mächtige Äthiopien und dann das allseits respektierte Ghana den AU-Gipfel abhält, der dubiose Sudan aber die Präsidentschaft kriegt? Das wäre lächerlich.
Eine starke geeinte Stimme wollte Afrika sich selbst geben, als es 2002 die AU nach dem Muster der EU gründete. Brav nach europäischem Vorbild wurde also genau der Fehler gemacht, an dessen Behebung die EU-Institutionen sich seit Jahren die Zähne ausbeißen: die Verdoppelung der Zuständigkeit zwischen einer permanent arbeitenden, supranationalen Kommission und einer von Mitgliedstaaten im Rotationsverfahren gestellten Präsidentschaft. Entweder der Präsident ist zu schwach – dann ist er überflüssig. Oder er ist zu stark – dann streitet er sich ständig mit dem Chef der AU-Kommission. Letzteres war jüngst zwischen zwei Dauerrivalen der Fall, zwischen dem Malier Alpha Oumar Konaré als AU-Kommissionschef und Nigerias Staatschef Olusegun Obasanjo. Wenn jetzt das Staatsoberhaupt des kleinen Kongo-Brazzaville, Denis Sassou-Nguesso, an die Reihe kommt, droht Ersteres.
Man kann – siehe UNO und Nato – auch Staatenbünde ohne institutionalisierte Konfusion einrichten. Die noch junge AU kann nachbessern. Ihre auswärtigen Partner, von deren Finanzierung sie abhängt, sollten das zur Bedingung ihrer Zusammenarbeit machen. Sonst ist die Farce von Khartum nicht die letzte ihrer Art. DOMINIC JOHNSON