WER WISSBEGIERIGE ALTE WILL, MUSS IN KITAPLÄTZE INVESTIEREN : Lernen für die letzten Jahre
Der Altenbericht der Bundesregierung bestätigt das, was viele wissen: Alte sind heute länger fit. Es liegt nahe, diese Verlängerung der aktiven Lebensphase auch ökonomisch sinnvoll zu nutzen – Vorschläge zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit zielen darauf ab. Sie sind allerdings fadenscheinig, solange nur jeder Dritte zwischen 55 und 64 über einen festen Job verfügt. Auch bei Arbeitgebern und Personalchefs muss die Erkenntnis erst noch reifen, dass 60-Jährige heute nicht zum alten Eisen gehören. Und bei 60-Jährigen die Einsicht, dass ihre Fülle an Berufs- und Lebenserfahrung nicht unbedingt ausreicht, um als vollwertiger Mitarbeiter zu gelten.
Insofern sind Vorschläge wie etwa der, ein Alters-Bafög einzuführen, durchaus sinnvoll. Und zwar dann, wenn Weiterbildungen und Aufbaustudien nicht als Freizeitgestaltung für Senioren oder als Beschäftigungstherapie für ältere Langzeitarbeitslose dienen, die sich von Maßnahme zu Maßnahme bis zur Rente hangeln. Wer mit 57 noch zehn Jahre Berufsleben vor sich hat, für den lohnen sich auch zwei Semester Aufbaustudium – und in ihn oder sie lohnt es zu investieren.
Allerdings greifen Bildungsangebote im Alter nur bei einer entsprechenden Vorbildung. Und mit der liegt es in Deutschland bekanntlich im Argen. Über Alters-Bafög brauchen wir also so lange nicht zu reden, solange Kitaplätze entweder gar nicht oder nur gegen Bares zur Verfügung stehen, Ausbildungsplätze Mangelware sind und ein Hochschulstudium noch immer überwiegend Sache von Akademikerkindern ist. Das Konzept des lebenslangen Lernens wird meist im Zusammenhang mit älteren Menschen verwendet. Dabei gerät aus dem Blick, dass Bildung in Deutschland gerade im wichtigen Kindesalter Glückssache ist und von den Eltern abhängt.
Sich Bildungsmöglichkeiten im Alter zuzuwenden ist dann sinnvoll, wenn Bildung wirklich und ernsthaft als Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe begriffen wird. Das ist zwar derzeit in aller Munde, doch politische Umsetzungen, siehe kostenlose Kitaplätze, fehlen. HEIKE HOLDINGHAUSEN