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Archiv-Artikel

WER REISEN IN DEN IRAK VERBIETEN WILL, SCHWÄCHT DIE FRIEDENSKRÄFTE Gedankengut der Entführer

Wer im Irak Terror fördern will, muss sich nicht mehr al-Qaida zuwenden. Dafür gibt es jetzt die Bundesrepublik Deutschland. Außenpolitisch interessierte Bundestagsabgeordnete der Regierungsparteien überschlagen sich dieser Tage nach entsprechendem Fingerzeig des Auswärtigen Amtes mit der Forderung, die vor kurzem im Irak freigelassene Deutsche Susanne Osthoff dürfe keinesfalls in den Irak zurückkehren. Iraks Regierung solle gegen sie ein Einreiseverbot verhängen, heißt es, und quer durch die Republik stempeln Zeitungskommentatoren Osthoff als gefährliche Verrückte ab, die „mit der Heimat gebrochen“ habe und auf einem „Ego-Trip“ sei.

Die irakischen Rebellen und ihre fanatischen Führer könnten es nicht besser ausdrücken. Was ist ihr Ziel? Den Irak unregierbar zu machen und westliche Ausländer, von US-Truppen bis hin zu Helfern beim Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft, hinauszuwerfen. Was ist ihr Mittel? Entführung und Mord. Was wäre für sie ein Erfolg? Wenn das Ausland aus Angst den Irak isoliert. Die deutsche Hetze gegen Osthoff spiegelt getreu das Gedankengut ihrer Entführer, die das Ende der deutsch-irakischen Zusammenarbeit verlangten.

Was genau Susanne Osthoff im Irak will, ist dabei unerheblich. Bei den Entführungen deutscher Touristen auf den Philippinen und in Algerien in den letzten Jahren kam niemand auf die Idee, Deutschen den Urlaub zu verbieten. Es wurde höchstens überlegt, ob sich Entführungsopfer an den Kosten ihrer Rettung beteiligen sollten. Aber nun, wo es nicht um Urlaub geht, verschieben sich die Maßstäbe – in eine gefährliche Richtung. Mit den jetzt vorgebrachten Argumenten könnte die Regierung sämtlichen deutschen Medien und Hilfswerken Reisen in Kriegsgebiete verbieten, damit die Journalisten oder Helfer sich ja nicht selbst gefährden. Man stelle sich vor, die Regierungen Frankreichs oder Italiens hätten auf die Entführungen ihrer Journalisten im Irak so reagiert.

Im neuen großkoalitionären Deutschland ist Einsatz in Gefahrenzonen offenbar ein dummer Spleen, den man verbieten sollte. Normale Menschen bleiben schön zu Hause. Was schert uns auch der Rest der Welt. DOMINIC JOHNSON