piwik no script img

Archiv-Artikel

WER BEI BILLIG-DISCOUNTERN EINKAUFT, UNTERSTÜTZT DEREN PRAKTIKEN Arbeitnehmerrechte zum Discount-Preis

Beim Discounter kaufen nicht nur diejenigen, die sich partout nichts anderes leisten können. Auch bei vielen Besserverdienenden ist es angesagt, ein Schnäppchen bei Aldi oder Lidl zu machen. Manche beruhigen ihr Gewissen damit, dass Lidl nach massiven Vorwürfen seitens Ver.di vor einigen Jahren zugesagt hat, seine Mitarbeiter künftig besser zu behandeln. Und bei Aldi gibt es ja – zumindest im Norden – sogar ein paar Betriebsräte!

Die jüngsten Meldungen von den Discountern lassen von solchen Rechtfertigungen nichts übrig. Um die Betriebsräte gefügig zu halten, hat Aldi Nord jahrelang die arbeitgeberfreundliche Pseudo-Gewerkschaft AUB finanziell unterstützt. Dieser eklatante Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz zeigt, dass der Konzern eine echte Vertretung der Mitarbeiterinteressen mit allen Mitteln verhindern wollte. Bei Lidl beweist die Überwachung des Personals, die kürzlich bekannt wurde, dass sich, allen Beteuerungen zum Trotz, an schikanösen Arbeitsbedingungen nichts geändert hat. Wenn das Unternehmen von „bedauerlichen Einzelfällen“ spricht, ist das angesichts der systematischen Protokolle über einen langen Zeitraum schlicht lächerlich. Erstaunlich, dass sich der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob dafür hergibt, diesen Skandal schönzureden.

Die Hoffnung, dass sich an den fragwürdigen Methoden der Discounter von selbst etwas ändert, ist vergeblich, denn sie sind Teil der Geschäftspolitik. Die niedrigen Preise beruhen eben nicht nur auf preiswertem Masseneinkauf, sondern auch auf besonders geringen Personalkosten. Und die lassen sich eben am besten drücken, wenn die MitarbeiterInnen unter Druck gesetzt werden – und wenn niemand da ist, der für ihre Rechte eintritt.

Um einige Vorwürfe wird sich die Staatsanwaltschaft kümmern. Doch auch die VerbraucherInnen können entscheiden, ob sie diese Zustände mit ihrem Geld unterstützen wollen. Oder ob sie nicht lieber dort für Nachfrage – und damit für neue Jobs – sorgen, wo bessere Arbeitsbedingungen herrschen. Fairness gibt es eben nicht zum Dumpingpreis. MALTE KREUTZFELDT