WENN MUGABE UND SEINE KOLLEGEN DIE RASSENFRAGE STELLEN: Die schwarzen Erben des Kolonialismus
Wieder einmal hat die UN-Vollversammlung einen Tag lang über Afrika diskutiert. Wieder einmal hat sich ein Präsident nach dem anderen den hehren Zielen der globalen Entwicklung verpflichtet und seine Ernsthaftigkeit unter anderem mit dem Hinweis auf die in der neuen Afrika-Entwicklungsinitiative „Nepad“ vorgesehene gegenseitige Kontrolle unter Beweis gestellt. Könnten Afrikas Präsidenten ebenso effektiv Politik machen wie Reden schreiben, wären die Entwicklungsprobleme des Kontinents längst gelöst.
Und wieder einmal wurde das Grundproblem nicht thematisiert. Selbstkritik ist unter Afrikas Führern tabu. Sie predigen gute Regierungsführung und verschließen die Augen vor den Aktivitäten des simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe, der die Wirtschaft seines Landes zugrunde richtet – mit der Begründung, sie sei von Weißen geleitet und damit ein Relikt des Kolonialismus.
Die Blindheit hat System. Jahrelang ließ die Riesenfigur Nelson Mandelas, der Prediger schwarz-weißen Ausgleichs, das Fortdauern rückständiger Facetten der afrikanischen Entkolonisierung in den Hintergrund treten. Noch immer halten viele Politiker aus afrikanischen Befreiungsbewegungen die Überwindung des Kolonialismus für eine Rassenfrage und zeigen damit, dass sie selbst die wahren Erben des rassistischen kolonialen Denkens sind, in dem Hautfarbe das entscheidende Kriterium bei der Beurteilung des Wertes einer Person ist. „Die Weißen sind unser Unglück“ lautet der Kern der Politik Mugabes, die zuweilen ein Echo auch bei Namibias Präsident Sam Nujoma, dem radikaleren Flügel des ANC und dem gedankenloseren Teil der internationalen Globalisierungskritiker findet.
Dieses Denken ist nicht nur kriminell, sondern stürzt auch seine vermeintlichen Nutznießer – die schwarzen Mehrheiten – ins Unglück. Solange es nicht aus Afrika verbannt wird, bleibt der Kontinent dem kolonialen Denken verhaftet. Und ohne eine Überwindung des Kolonialismus, da sind sich zumindest alle einig, kann Afrika seine Krise nicht beenden. DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen