WELTBANK: GLOBALISIERUNG NÜTZT DEN ARMEN. ALLERDINGS NICHT IMMER: Wer hilft, investiert
Drei Milliarden Menschen außerhalb der reichen Industrieländer haben von der Globalisierung profitiert, so die jüngste Studie der Weltbank. Zwei Milliarden Menschen leben hingegen in Ländern, in denen in den vergangenen zehn Jahren die Wirtschaft schrumpfte und die Armut stieg. Drei zu zwei Milliarden – also ist die Globalisierung unterm Strich doch positiv? Ist sie, aber ganz so einfach kann man es sich doch nicht machen.
Zunächst einmal: Die Art von Globalisierung, die gemeinhin am Pranger steht – Ausbeutung zu skandalösen Löhnen, rechtlose Arbeiter, Raubbau an Bodenschätzen –, ist laut der Studie kein Erfolgsrezept. Die Generäle in Birma zum Beispiel versklaven ihre Bevölkerung für von ihnen so genannte Entwicklungsprojekte. Doch trotz dieser extremen Ausbeutung blieb dort die Wirtschaftsentwicklung hinter der der meisten Nachbarländer zurück. Den 24 von der Weltbank aufgelisteten Gewinnerländern ist hingegen ein gewisser Grad von Demokratisierung gemeinsam – wenn auch teilweise, wie im Fall von China, nur im wirtschaftlichen Sektor. Doch ist es immerhin besser, ein totalitärer Staat räumt wenigstens im ökonomischen Bereich gewisse Freiräume ein als nirgendwo. Das ist zwar triste Realpolitik, aber hehre Idealvorstellungen haben auch noch keinem Armen oder Inhaftierten geholfen.
Soll also die Globalisierung – das heißt hier: Marktöffnung bis zu einem gewissen Grad sowie Reformen nach innen – sich weiter verbreiten? Sie würde zumindest zu mehr Wohlstand nach westlichem Muster führen. Und nach allem, was man weiß, trachtet danach die Mehrzahl der Menschen in der Mehrzahl der Länder. Eine sinnvolle Art der Globalisierung benötigt jedoch gewisse Voraussetzungen. Diese sind eigentlich simpel, ihre Verwirklichung würde jedoch gerade den reichen Ländern allerhand abfordern: Die armen Staaten brauchen mindestens Waffengleichheit in der Wirtschaft. Die reichen Länder müssen also zuerst ihre Grenzen öffnen und ihre Exportsubventionen abschaffen, vor allem die für die Landwirtschaft. Und die Armen brauchen eine funktionierende Gesundheitsfürsorge und bessere Schulen. Denn wenn sie schon keine kapitalkräftigen Konzerne haben, müssen sie auf ihr Humankapital bauen. Das erfordert eine Anschubfinanzierung, und die kann nur aus dem reichen Westen kommen. Auch wenn das teuer wird.
Für den Westen hat das nichts mit Wohltätigkeit zu tun. Im Grunde betrachtet ist Hilfe hier ein Investment: Je mehr jemand verdient, desto mehr lässt sich an ihm wiederum verdienen. Wir leben schließlich im Kapitalismus. Da kann man nicht drumherumglobalisieren. REINER METZGER
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