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Archiv-Artikel

WEINLADEN SCHMIDT Terroir & Handschrift

VON MICHAEL PÖPPL

Ein Geschäft, das über 50 Jahre existiert, ist im schnelllebigen Berlin schon etwas ganz besonderes. 1964, im selben Jahr als Besitzer Carsten Schmidt geboren wurde, hatten seine Eltern Edeltraud und Dietmar gerade den Laden einer Spirituosen- und Likörfabrik in der Neuköllner Sonnenallee übernommen. Andere Zeiten waren das damals für Winzer und Weinhändler, so der heutige Betreiber des Weinladen Schmidt: „Die Weine der 60er Jahre waren stark geprägt durch pappsüße und wuchtige Tropfen à la Oppenheimer Krötenbrunnen.“ Doch die Schmidts hatten auf ihren Reisen durch Deutschland, Italien und Frankreich ganz andere Weingeschmäcker kennen gelernt. Sie spezialisierten sich Anfang der 70er Jahre, durchaus mutig, auf trockene Weine. Die Kunden kamen damals „extra bis aus Spandau“, wie Schmidt heute erzählt.

Seit 1984 ist der heute 50-Jährige selbst dabei, nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann stieg er in den elterlichen Betrieb ein, der gerade Filialen in Lichterfelde und Wittenau eröffnet hatte. Die Spezialisierung auf deutsche und europäische Winzer kommt gut an im alten Westberlin, auch die Gastronomie legt immer mehr Wert auf beste Qualität im Glas, über 300 Lokale beliefert Schmidt heute. Nach dem Mauerfall entdecken auch die Ostdeutschen, dass es nicht immer Rosenthaler Kadarka sein muss. 2001 eröffnet Carsten Schmidt zusammen mit seinem Geschäftspartner Lars Rutz die Weinbar Rutz in Mitte, die schnell zum Treffpunkt der Berliner Weinszene avanciert. Die Firma, die Schmidt zusammen mit seiner ebenso weinversierten Frau Anja führt, wächst weiter, eine weitere Filiale in der Charlottenburger Reichstraße und in Hermsdorf folgen. 2006 wird das Geschäft in der Kollwitzstraße in Prenzlauer Berg eröffnet, zu der inzwischen auch eine kleine Weinbar gehört, wo man die guten Tropfen direkt probieren kann.

Den anhaltenden Erfolg sieht Schmidt „in der Leidenschaft, der Freude und dem Genuss. Denn es ist wichtig, dem Kunden die Emotionen zu vermitteln, die man persönlich mit dem Wein verbindet. Das begreift man am besten, wenn man selbst mit dem Winzer im Weinberg und im Weinkeller war und weiß, wie das Produkt entstanden ist.“ Die Winzerkontakte seien ebenfalls enorm wichtig, regelmäßige Ortstermine bei den Weingütern, oft mit den Mitarbeitern aus den Filialen, gehörten zum Firmenkonzept, so Schmidt. „Man lernt sehr viel dabei und sieht, dass das Terroir zwar wichtig ist, die Handschrift des Winzers und seine Philosophie aber ebenso viel zur Qualität eines Weines beitragen.“

Aus der engen Zusammenarbeit mit dem Winzer Gerd Aldinger sind sogar eigene Weinkreationen entstanden, deren eine Schmidt den taz-Lesern ganz besonders ans Herz legt: Der „Sauvignon Blanc trocken 2013“ des bekannten Württemberger Weinguts ist perfekt strukturiert und leicht mineralisch, dabei weist er Obstnoten wie Stachelbeere, Südfrucht und reife Birne auf, schmeckt aber auch überraschend nach Gewürzen wie Muskat und Pfeffer, dennoch bleibt er typisch fein und elegant. Schmidts zweite Empfehlung stammt vom Weingut Philipp Kuhn: Unter dem Namen „Inkognito“ hat der junge Pfälzer Winzer eine geheimnisvolle Cuvée kreiert, die sich von den meisten bekannten Rotweinen aus Deutschland durch ihre intensive Fülle abhebt. Dunkle Beerennoten und ein Duft von Lakritze nehmen die Nase ein, im Mund entfalten sich Brombeere, Bitterschokolade, geröstete rote Paprika und ein Hauch von Leder, der durch 15 Monate Reife im gebrauchten Fass entstanden ist. Vier internationale, handgeerntete Rebsorten, die Winzer Kuhn selbst nicht verraten will, verbergen sich in diesem fantastischen 2012er, der bei einer Blindverkostung durchaus als mittelschwerer Südländer durchgehen könnte.

Weinladen Schmidt: Kollwitzstr. 50, 10405 Berlin Berg, Mo.–Fr. 12–22 Uhr, Sa. 10–22 Uhr, Tel. 200 03 95 55, www.weinladen.com Das „11 plus 1“-Angebot für taz-Leser: Bei Abnahme von 11 Flaschen „Sauvignon Blanc trocken 2013“ von Aldinger (0,75 Liter, 12,50 Euro), oder 11 Flaschen „Incognito 2012“ von Philipp Kuhn (0,75 Liter, 7,50 Euro) gibt die Filiale des Weinladens Schmidt in Prenzlauer Berg jeweils eine Flasche gratis dazu.