WAS MACHT EIGENTLICH ...Schwarzrotgold? : Stören
Wenn es etwas gibt, worauf man als Deutscher mit Fug und Recht stolz sein darf, dann die hierzulande immer noch verbreitete Unwilligkeit, sich schwarzrotgoldene Trikoloren aufs Dach, in die Windschutzscheibe oder ans Sakko zu hängen. Ertrinkt man andernorts in Fahnen- und Wimpelmeeren, macht sich der Landeslappen zwischen Rhein und Oder erfreulich rar.
Umso schlimmer, dass die Berliner Behörden hart an der Aufweichung dieser Verweigerungshaltung arbeiten: Jeder Anlass wird herangezogen, um die Beflaggung öffentlicher Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge zu rechtfertigen. Ja, Fahrzeuge: Jeder Bus und jede Tram der BVG tragen an der Schnauze einen schwarzrotgelben und einen Bären-Wimpel, wenn es etwas zu memorieren gilt. Und dazu zählen schon lange nicht mehr nur bundesweite Feier- und Trauertage, sondern auch Grüne Woche oder ITB. Es dauert nicht mehr lange, und auch der internationale Rassekatzen-Kongress wird als Beflaggungsgrund herhalten müssen.
Die Begeisterung des Personals hält sich in Grenzen: „Die ziehn wa doch jetzt we’n jeden Scheiß hoch“, antwortete kürzlich eine BVG-Mitarbeiterin, die abends Fahnen am U-Bahn-Eingang zusammenrollte, auf Nachfrage. Andererseits erheitert es ungemein, sich vorzustellen, wie Busfahrer morgens grummelnd Wimpel an ihre Kutsche schrauben: „Mannmannmann, schon wieder mit Trauerflor!“ Reichte es nicht, wenn der Regierende Bürgermeister sich die Fähnchen ans Revers heftete (worauf er nachweislich verzichtet)? Dem Straßenbild täte es gut. Der Laune unserer Busfahrer möglicherweise auch. CLP FOTO: ARCHIV