WAS BISHER GESCHAH (7) : Parallelwelt Filmmarkt
Am siebten Tag gleicht der European Film Market (EFM) im Martin-Gropius-Bau einer Party, die ihren Höhepunkt hinter sich hat. Das Gedränge und die Aufregung des Anfangs sind einer erschöpften Gelassenheit gewichen. Man hat seinen Job getan, jetzt darf man sich zurücklehnen. Besucher sitzen in kleinen Runden im Cateringbereich im Innenhof, blättern in Journalen, plaudern über einem Milchkaffee miteinander. Einige der kleineren Filmverkäufer haben ihre Stände bereits verlassen und sind abgereist. Leer und weiß stellen die Regale nichts mehr aus außer sich selbst. Doch immer noch ist die schiere Menge an Werbematerial, das für die Messe in die Räume des Museums gekarrt wurde, erstaunlich. Wie viel Papier muss eigentlich bedruckt werden, um einen Film zu verkaufen?
Broschüren, Visitenkarten, aufwändig entworfene Taschenkalender mit aufgedruckten Logos und andere Giveaways liegen in den Gängen aus. Überdimensionierte Filmplakate sind an die Wände geheftet oder hängen von der Galerie herab. Was zeitgleich auf dem Filmfestival als künstlerischer Beitrag mit glamourösem Pomp inszeniert wird, ist hier eine Ware, die sich gegen eine Flut von konkurrierenden Produkten durchsetzen muss.
Eigentlich nicht anders als auf einem Wochenmarkt für Fleisch und Gemüse, es fehlt nur der Marktschreier: „Schöne frische Filme!“ – „Geschnitten oder am Stück?“ Trotz des Namens werden auf dem EFM Filme nicht nur innerhalb Europas angeboten und gekauft, sondern international.
Die größten Zuwachsraten, berichtet das Branchenblatt Variety, verzeichne der chinesische Markt, während Italien, Spanien und Griechenland „aus einer Reihe von Gründen“, wie zurückhaltend formuliert wird, am Boden liegen würden. Auch ein Markt, in dem Bilder und Fantasien gehandelt werden, kann sich vor der Wirklichkeit offenbar nicht ganz verschließen.
Eine Parallelwelt bildet der European Film Market auch zur Berlinale. Zwar erwartet das Filmfest deutlich mehr Besucher und Akkreditierte (über 250.000 Tickets wurden bislang verkauft), aber der Markt bietet insgesamt sowohl deutlich mehr Filme (EFM: 760, Berlinale: 395) als auch Vorführungen (EFM: 1012; Berlinale: 866). Für die 7.800 Fachbesucher der Filmmesse werden 35 eigene Kinosäle bereitgestellt. Über die genauen Umsatzzahlen schweigen sich An- und Verkäufer aus. So genau lässt sich keiner gern in die Karten schauen, vor allem nicht, bevor die Bären(felle) auf der Abschlussgala Samstagabend verteilt sind.
Dass die Zahlen in die Millionen gehen, ist keine Frage. Der Termin im Februar, der für das Festival eher ungünstig ist, ist ein Vorteil für die Filmmesse: Hier kann die Branche die Trends für das beginnende Jahr ablesen.
DIETMAR KAMMERER