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Vorzüge, Vergünstigungen etc.Vorteilsnummer

■ Klingt gut. Fragt sich nur, für wen.

Man kennt den Ton, den Verkäufer aller Sparten anschlagen, wenn sie unsere – von zahllosen Werbezetteln und Kaufaufrufen leicht abgestumpfte – Aufmerksamkeit erregen und uns zum Zugreifen ermuntern wollen. Die Klassenlotterie schickt Briefe mit dem Postvermerk „Streng persönlich“. Man reserviert uns – „exklusiv“ und „auf Ihren Namen“ – Losnummern, ebenso Plätze für Kaffeefahrten oder auch schon mal – „Beeilen Sie sich!“ – ein Dutzend elektrischer Heizrippen.

Als aufgeklärte VerbraucherInnen wissen wir natürlich genau, was wir davon zu halten haben: In Wirklichkeit sind wir gar nicht gemeint. Der Beweis für diese auf herzwehen Erfahrungen beruhende innere Einsicht stand bislang allerdings aus.

Bislang. In einer Frauenzeitschrift fand sich unlängst ein heraustrennbarer Bestellvordruck für einen Modeversandkatalog. Dergleichen ist schnell ausgefüllt, das Porto zahlt freundlicherweise der Empfänger. Direkt daneben informierte ein kleiner Kasten in Pfeilform: „Unter Angabe Ihrer Vorteilsnummer 44 11 340 können Sie den (...) Katalog auch telefonisch oder per neutraler Postkarte anfordern.“

Per neutraler Postkarte. Toll. Aber warum sollte man? Wo doch so ein schöner Vordruck da ist? Vielleicht denken die ja, daß man sich schämt, wenn jemand sieht, wie man ihn zum Briefkasten trägt. In diesem Fall wäre neutral in der Tat besser. Gerade so wie bei den Päckchen, die der Nachbar gelegentlich bekommt, und von denen man gar nicht so genau wissen will, was drin ist. Oder nur allzu gut weiß. Je nach dem.

Aber was heißt „unter Angabe der Vorteilsnummer“? Bedeutet das, man muß sie angeben, sonst kriegt man den Katalog nicht? Und was ist der Vorteil gegenüber dem Vordruck? Oder der neutralen Postkarte? Und überhaupt. Ein Anruf bei der Dame von der Bestellannahme löst Bestürzung aus. So etwas hat noch niemand gefragt. Tja, also, so genau weiß sie das auch nicht. Sie könnte sich aber vorstellen, „eine Vorteilsnummer ist, daß man die dann als Kundennummer immer verwenden kann. Aber irgendwelche Vorteile hat man da nicht.“ Sie kann ja mal ihren Vorgesetzten fragen. Und jawoll: genau so ist es.

Jetzt ist es raus, Ihre Vorteilsnummer ist in Wirklichkeit ihre Vorteilsnummer. Nicht nur, daß man schon wieder nicht gemeint war. Oder auch nur den klitzekleinsten Vorteil hätte. Nein, die organisieren sich mit unserer Katalogbestellung ihre Adreßdatei.

Man sollte sich beschweren. Beim Verbraucherschutz. Oder beim Bundesverfassungsgericht. Auf jeden Fall aber per neutraler Postkarte. Und unter Angabe der Vorteilsnummer. Barbara Häusler

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