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Vorziehung des Wahltermins

■ betr.: "Berlin wird Hauptstadt. Wahlö am 14.10.?", taz vom 4.8.90

betr.: „Berlin wird Hautstadt. Wahl am 14.10?“, taz vom 4.8.90

Nach 40 Jahren „sozialistischer Mißwirtschaft“, in denen die DDR-BürgerInnen einen Lebensstandard erreicht haben, der nicht nur der höchste im gesamten Ostblock ist, sondern auch noch den einiger EG-Länder (Portugal, Spanien, Griechenland und Irland) übertrifft, sollten die Erbschleicher der friedlichen Revolution den totalen Bankrott des Wirtschaftssystems der DDR demonstrieren.

Schließlich haben Späth, Waigel, Kiechle und viele andere immer wieder erklärt, die DDR müsse erst einmal in Konkurs gehen und formgerecht kapitulieren, bevor man investieren wolle. Daß Dank der sozialen Marktwirtschaft in der Dritten Welt täglich 40.000 Menschen verhungern und im goldenen Westen mindestens eine Million in einem Lebensstandard vegetieren müssen, der in der DDR nie vorstellbar gewesen wäre, ist unseren Brüdern und Schwestern nie gesagt worden oder aber sie haben es perfekt verdrängt.

Wenn jetzt die Wahl zum Anschluß vorgezogen werden soll, dann nur, damit das DDR-Volk im Herbst nicht noch einmal auf die Straßen geht. Und schließlich soll ja auch die Saat unserer Konkursritter aufgehen, die nach der Maxime handelt, wenn eine Firma in Konkurs geht, ist der Rest um so billiger zu bekommen. Handlangerdienste wertvollster Art leistet dabei die Treuhandstelle, die das Volksvermögen der DDR schon in die richtigen BRD-Hände zu dirigieren weiß.

Manfred Millmann, Michelstadt (BRD

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