piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ John Delafose & The Eunice Playboys im Franz-Club / Vorschlag * Fantasy Filmfest

Musikanten jeder nur erdenklichen Spielart werden mittlerweile recht ausgiebig um den Globus geschickt, zumal ins reiche Europa, wo sich bei Touren immer noch gut verdienen läßt. Manchen Genres nützt diese Verlockung jedoch nichts: Im Cajun- und Zydeco-Bereich muß man schon ein paar Jahre warten, bevor man wieder eine originäre Band aus Louisiana zu sehen bekommt. Dieser Zustand hängt kaum mit deren Unfähigkeit zu reisen zusammen – die Ursache liegt vielmehr darin, daß in den Sumpflandschaften und Prärien östlich von New Orleans die einschlägigen Musiker langsam aussterben und keine neuen mehr nachwachsen. Im Cajun, also bei den Weißen, sieht es ganz trübe aus: Unterhalb der auch immer älter werdenden Stars wie Bruce Daigrepont oder Beausoleil gähnt ein gewaltiges Loch. Im Zydeco, also bei den Afro-Amerikanern, haben wenigstens einige Newcomer wie Zydeco Force auf sich aufmerksam gemacht, doch auch hier ist der Fortbestand dieser traditionellen, nicht auf Kommerzialität zu trimmenden Tanzmusik gefährdet.

Ohne Nachwuchsprobleme: John Delafose Foto: Veranstalter

John Delafose aus Eunice, Louisiana hat das Nachwuchsproblem auf eigentlich naheliegende Weise gelöst: Er stellte seine Eunice Playboys einfach aus seiner Familie zusammen. Sohn Tony spielt Bass, Sohn Geno Schlagzeug, und Cousin Jermaine schrubbt auf dem umgehängten Waschbrett den charakteristischen Zydeco-Rhythmus, während Papa John neben dem Akkordeon noch die Geige bedient, ein nur selten im Zydeco zu hörender und eher Cajun-typischer Klang. Zusammen spielt die Familien-Combo ein sehr traditionelles Repertoire voller Walzer, Two-Step-Tänze und kreolischer Melodien. Auf das Gebiet der Country-Musik wagen sie sich hingegen mit einer Coverversion des Klassikers „Blues Stay Away From Me“ von den Delmore Brothers, die ihnen außerordentlich beeindruckend gerät – was nicht verwundert, wenn man erfährt, daß John den Song schon vor Jahrzehnten bei der Lohnarbeit auf den Baumwollfeldern gesungen hat. Ihr Ansatz ist dabei immer ein freier, der musikalischen Gelöstheit des Zydeco-Stils entsprechender; und die Songs entstehen im improvisatorischen Wechselspiel mit dem Publikum: „Ich komponiere eigentlich gar nicht“, gibt John Delafose zu. „Ich spiele während eines Konzerts mit verschiedenen Noten herum, füge ein bißchen hinzu, und beende den Song vielleicht am nächsten Abend.“ Heute vielleicht? Johannes Waechter

John Delafose & The Eunice Playboys, 20 Uhr, Franz-Club, Schönhauser Allee 36–39, Prenzlauer Berg.

VorschlagFantasy Filmfest '94

Leuchtende Augen bekommen die Freunde ewiger Ballereien, wenn sie vom neuesten Geheimtip „Killing Zoe“ (Filmpalast, 4.8., 22.30 Uhr) schwärmen. Leuchtende Augen bekommt auch Bankräuber Eric, als er die ersehnten Goldbarren in der Hand hält. Zu sphärischen Klängen wird im schönen Paris eine Bank von einer bedröhnten Bande überfallen. Hemmungslos lassen sie ihren Kater von der letzten Drogenorgie an den Kunden aus. Als sie den Anblick des Leichenbergs nicht länger ertragen, müssen die noch lebenden Geiseln den blutigen Unrat entfernen. Abgerundet wird das langwierige Gemetzel durch eine romantische Liebesgeschichte. Stellt sich die Frage, wollen die Liebhaber des Blutvergießens vielleicht doch nur eine sehr französisch angehauchte Liebesgeschichte (Julie Delpy!) sehen?

Mehr Spaß garantiert der Streifen „The Attack of the 50ft. Woman“ (Filmpalast, 4.8., 20.15 Uhr) um eine überdimensionale Daryl Hannah. Durch seltsame Strahlungen eines Ufos wächst das graue Mäuschen Nancy über sich hinaus. Je mehr sich das gebeutelte Mädchen über Macho-Gatten Sly ärgert, um so schneller ihr Wachstum. Energischen Schrittes mit rotlackierten Quadratlatschen wälzt die Riesenbarbie wenig später amerikanische Kleinstädte nieder und übt Rache an scheußlichen Verwandten und blöden Hinterwäldlern. Als hellseherische Dokumentation preisen die Organisatoren ihre Fantasy-Filme an und rechtfertigen so auch die krudesten Regieeinfälle. Für einen guten Zweck schlachtet in „Horror Story“ (Brotfabrik, 4.8.) – einer edel verpackten Hommage an die Horrorklassiker der Stummfilmzeit – ein Metzger ein junges hübsches Ding, verarbeitet es zu Würstchen, während seine Frau aus den Innereien ein Süppchen für arme Mitbürger brutzelt. Max dürfte das Herz eines jeden Bullterrierbesitzers höher schlagen lassen. Max ist ein gentechnisch manipulierter Riesenköter, schnell wie eine Gazelle und klug wie ein Mensch. Doch leider ist Max äußerst bissig... („Man's Best Friend“, Filmpalast, 4.8., 18 Uhr, Brotfabrik, 6.8., 20.15 Uhr). Auch für Menschen mit schwachem Herzen und Hang zum Sentiment hält das Fantasy-Fest einige Werke bereit. In bonbonfarbenen Bildern variiert „Heart and Soul“ (Brotfabrik, 4.8., 20.15 Uhr) das klassische Thema vom Engel auf Erden. Anke Leweke

Fantasy Filmfest, 3.–10. August, Filmpalast, Eiszeit, Brotfabrik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen