■ Vorschlag: Nix Sex Pistols! Punkrockt authentisch(er) mit Bad Religion!
Zeit wurde es ja mal: Wo alle sich wiedervereinigen, die übelsten Dinosaurier aus den Sechzigern und Siebzigern die Bühnen besteigen, um die guten Zeiten rollen zu lassen (was fast nie gelingt), da ist es nur logisch, daß die Sex Pistols das auch machen: In einigen Tagen ist es soweit, und, um wie gewohnt zu stänkern, an dieser Stelle der Rat, diese Veranstaltung nicht zu besuchen: Die kann eigentlich weder arty noch eine Verarsche oder gar lustig werden. Gelegenheit zeitimmanenter und authentischer zu punkrocken gibt es dafür schon heute, wenn Bad Religion sich in der Arena zeigen. Die haben zwar mittlerweile auch was Fossiles und Angestaubtes, eine hartgepanzerte Quicklebendigkeit ist ihnen aber über die (mindestens zehn) Jahre ihres Bestehens erhalten geblieben.
Kennst du einen Song, kennst du alle, heißt bei Bad Religion das musikalische Motto: Wohldosierte Emotionalität, hübsche Melodien, die immer gleichen Harmoniebögen und Gesangsstrukturen zeichnen ihren Punkrock aus. Das funktioniert blendend bis auf den heutigen Tag. Abwechslungsreicher sind die wechselnden Zeitläufte, durch die diese Band gegangen: Am Anfang lokale Helden in der Bay Area, auch in Europa nur ein paar Surf- und HC-Kids bekannt, landeten Bad Religion mit ihrem zirka vierten Album in den (Verkaufs-)Charts. Sicher auch begünstigt durch das Durchstarten von Nirwana, waren sie damit dem kommerziell erfolgreichen Neo- Punk-Revival um einige Jahre voraus, hatten jedoch am ärgsten die üblichen Credibility-Probleme mit den eingefleischten Punk-Dudes.
Damit konnten sich Gurewitz & Co. jedoch nicht allzu lange befassen: Ihr eigenes, selbstverwaltetes Label Epitaph wurde bald die Brutstätte für Neo-Punk, und Bands wie Offspring und Rancid toppten ihrerseits die Charts und machten aus einem kleinen überschaubaren Laden ein riesiges Unternehmen. Und so muß Gurewitz gerade mit Offspring um Verträge pokern, geht es plötzlich um Geld, Macht, alte und neue Ideale, während Bad Religion selbst, aus Gründen der Entflechtung, beim Branchenriesen Sony die Punk- Rock-Fahne hochhalten. (Rührend ist es, wie sie auf Promo-Touren besonders kleinen Fanzines das Erstinterviewrecht einräumen.) Auf der Bühne jedenfalls spielen Bad Religion die alten Mitstreiter und neuen Rivalen in beliebter Ramones-Manier immer noch in Sack und Asche. Womit es dann auch für diese Saison gut gewesen sein dürfte. Gerrit Bartels
Heute, ab 21 Uhr in der Arena, Eichenstraße 4, Treptow
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