■ Vorschlag: Madonna Mittelasiens: Yulduz Usmanova im HdKdW
Jedes Jahr wird Alma Ata, die Hauptstadt Kasachstans, zum Treffpunkt der innovativsten und populärsten Musiker Zentralasiens. „Voice of Asia“ heißt das Festival, bei dem auch Yulduz Usmanova häufiger und gern gehörter Gast ist. Die Alben der 32jährigen usbekischen Sängerin verkaufen sich in ihrer Heimat durchschnittlich fünfmillionenmal, und ihre Auftritte im „Palast der Völkerfreundschaft“ in Usbekistans Kapitale Taschkent sind mit über 140.000 Besuchern regelmäßig ausverkauft.
Nicht schlecht in einem Land, wo selbst profesionelle Musiker von Auftritten auf Hochzeiten leben. Die ehemalige Seidenarbeiterin und spätere Absolventin der Abteilung für orientalische Musik des staatlichen Konservatoriums in Taschkent gilt als „Madonna Mittelasiens“ – was offenbar nicht nur auf ihre Popularität zurückzuführen ist: Da allein schon der Beruf Musikerin vielen im konservativen Usbekistan als anstößig gelte, habe eine wie sie, die darüber hinaus zweimal geschieden ist, zu Beginn ihrer Laufbahn fast schon als Hure gegolten, erinnert sich die Künstlerin. Nicht zuletzt aufgrund der Weltmusik- welle ist Yulduz Usmanovas Ruhm inzwischen aber sogar über die Grenzen Mittelasiens gedrungen – ausverkaufte Tourneen durch die ehemaligen Sowjetrepubliken folgten Konzerte in Japan, China, natürlich in der Türkei, in Westeuropa und den USA.
Heute steht ihrer musikalischen Entfaltung nichts mehr im Wege, aber mehrdeutige, metaphernreiche Texte empfehlen sich nach wie vor angesichts der autoritären Verhältnisse in ihrem Heimatland. Der Shootingstar von der Seidenstraße verbindet die usbekisch- orientalische Tradition mit der musikalischen Pop-Moderne: Die mittelasiatische Langhalslaute Tambur und das Perkussionsinstrument Doira mit Keboards und Schlagzeug, Synthie-Streicher mit volkstümlichen Liedern. In quasi musikethnologischer Feldforschung suchte sie auf den Dörfern Usbekistans eigens nach traditionellen Melodien, um sie mit westlichen Pop- und Rockelementen zu arrangieren – nicht nur darin übrigens der türkischen Sängerin und Pop-Pionierin Sezen Aksu gleich: Türk- und Turkpop trennt letztlich auch musikalisch wenig mehr als die Pünktchen auf dem u. Einschließlich der Kinderkrankheiten des jungen Genres, wie man an einigen überproduzierten Remix-Versionen mit Billig-Rap-Einlage hören kann. Doch bei aller gelegentlichen kommerziellen Verschandelung auf Tonträgern – auf der Bühne überzeugt Yulduz Usmanova mit Stimme und Charisma. Daniel Bax
Yulduz Usmanova, am Sonntag, 30. 6. um 20 Uhr im Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee, Tiergarten
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