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■ VorschlagZweiminütige Offenbarungen: Guided By Voices im Knaack

Für ein positives Image, im bürgerlichen wie popkulturellen Sinne, haben Guided By Voices bisher nicht viel getan. Dafür verhalten sich die fünf nicht mehr ganz jungen Herren aus Dayton, Ohio, zu sehr wie endlich mal die Sau rauslassende Arbeitskollegen auf Betriebsausflug: Immer ein wenig treudoof und mit der Büchse Bier in der Hand auf der Suche nach dem verlorenen Rock-'n'- Roll-Lifestyle. Verstehen kann man das vielleicht, wenn man die Biographie der Band um den ehemaligen Lehrer Robert Pollard kennt: Seit zehn Jahren machen Guided By Voices schon Platten, und lange lagerte Pollard die selbstfinanzierten Kleinstauflagen wegen Unverkäuflichkeit unter seinem Bett. Anfang der Neunziger stießen aber doch ein paar findige Labelbesitzer auf die Band, woraufhin sich nach und nach, mit jeder neuen Veröffentlichung, auch kleine Anerkennung einstellte, nicht zuletzt im Gefolge eines Mini- Hypes um Low-Fi-Musik, Homerecording und Beck.

Mittlerweile sind Guided By Voices, zumindest in den Staaten, eine große Nummer, bespielen kleinere und größere Hallen, werden in einem Atemzug mit Bands wie Pavement oder Sonic Youth genannt. Und da darf man schon mal die Sau rauslassen und nachholen, was man vielleicht auf dem Land versäumt hat. Rührend ist das, nicht peinlich und sowieso egal, so lange die Musik stimmt. Das tut sie, trotz eines unermüdlich inflationären Outputs: Erst vor kurzem haben sie ihren zehnten Longplayer eingespielt, der wieder ganz punkmäßig zwanzig Songs auf vierzig Minuten Spielzeit enthält.

Eigentlich hat man da ein wenig Sorge, daß die Ideen ausgehen könnten. Aber auch auf „Under The Bushes, Under The Stars“ sind wieder Songs drauf, wofür andere Bands eine ganze Karriere lang brauchen würden. Zweiminütige Offenbarungen in Sachen Pop, Postpunk und Sixties-Sound. Das große, mal falsche, mal richtige Gefühl im kleinen Song. Wie Pollard das immer wieder hinkriegt, ohne dabei Langeweile zu produzieren, nötigt Bewunderung ab. Und wer sie heute nicht sehen kann, sollte morgen nach Hamburg fahren, wo sie auf einer Benefizveranstaltung für den hier in Berlin von Rechtsradikalen überfallenen Joe Baiza spielen. Gerrit Bartels

Mit Spoon und Silkworm, heute ab 21 Uhr im Knaack, Greifswalder Straße 221

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