piwik no script img

■ Vorschlag„Matrosen.Liebe“, ein getanztes Hörspiel auf dem Schiff la mar

Die ganze Zeit haben die Frauen das Sagen, und am Ende liegen sich dann die Männer in den Armen. So wäre es beinahe auch in „Matrosen.Liebe“, dem im Theaterschiff la mar uraufgeführten Tanzmelodram des Bewegungstheaters Moving M3, gekommen. Aber in Stücken, wo Sätze fallen wie „Die Erinnerung ist seine Art der Liebe“, können sich Frauen Messer in die Bäuche rammen (aus Liebe natürlich) und dann doch wieder auf der Bühne stehen, um ihren Schatz aus der Umklammerung fremder Männer zu retten.

„Matrosen.Liebe“ ist Motiven der „Corto maltese“-Comics von Hugo Pratt nachempfunden. Eine nacherzählbare Handlung gibt es nicht, denn die beiden Hauptakteure, die Matrosen Ras und Corté, liegen nach reichlichem Konsum von Rum und psychedelic mushrooms im Delirium, und in solchen Zuständen ist das Leben bekanntlich verschlungen. So weiß man auch nicht recht, ob all die Frauenfiguren, die nach und nach in Erscheinung treten, von den beiden herbeihalluziniert werden oder über ein „reales“ Leben verfügen. Einmal da, entfalten sie ein beträchtliches Eigenleben und so kommt es, daß Georgia, die Rumtrinkerin, auf Geheiß der alle nervenden Schicksalsgöttin Golden, Corté, den Helden des Melodrams, in eine Frau verwandelt. Und zwar ohne daß dieser es bemerkt!

Regisseurin Astrid Völker läßt ihre Akteure nicht sprechen – die Stimmen kommen aus dem Off. Ein Kunstgriff, der zu Beginn einige Aufmerksamkeit erfordert (weil man kaum unterscheiden kann, wer spricht), der dann aber durchaus einigen (V-)Effekt macht. Die Akteure, deren Physiognomien denen ihrer Vorlage erstaunlich ähneln, bewegen sich, als seien sie gerade erst Hugo Pratts Bildern entsprungen und noch dabei, das Laufen zu erlernen. Auch dies ist natürlich als Stilisierung gemeint, aber es ist zugleich das Problem der Inszenierung. Denn so interessant die Regieeinfälle, so sympathisch die Darsteller und so witzig die Geschichte auch sein mag: Eine Bewegungssprache, die den sprachlosen Akteuren auf der Bühne ein Eigenleben ermöglicht hätte, hat Astrid Völker, die sich wohl eher als Regisseurin denn als Choreographin versteht, nicht finden können. Und so wird die „Matrosen.Liebe“ zu einem bebilderten und auf Dauer langweilenden Hörspiel. Michaela Schlagenwerth

Bis 15. 9., Di-So, 20.30 Uhr, la mar, am Märkischen Ufer, vom 24. 9. bis 29. 9, 20.30 Uhr, Festsaal Milastraße 2

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen