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■ VorschlagVerruchtes Flöten: Marousse spielen Franzosenpop in der Kulturbrauerei

Der Gemischtwarenladen ist immer noch oberstes Stilprinzip französischer Popmusik nach dem Ende des alles beherrschenden Einflusses des Chansons. Mal von den HipHoppern abgesehen, scheinen französische Bands alles aufzusaugen, was sich so bietet, nur kurz mal durchzukauen und das Ganze dann gleich wieder fast unverdaut auszuspucken. Dieses Prinzip wurde von Mano Negra zu vollster Blüte getrieben, Marousse fühlen sich als Splittercombo zu ähnlichem verpflichtet.

Als Mano Negra sich vor ungefähr drei Jahren auflösten, zog es Sänger Manu Chao nach Spanien und Trommler Santi zu seiner Schwester Marina. Die hatte schon in anderen Kapellen ihre Stimme mal opernhaft anschwellen, mal verrucht flöten lassen. So oder so ist sie perfekt für das breite Spektrum, das Marousse selbst so beschreiben: „Eine spanische Komponente, eine Punkseite, ein Hauch Reggae, etwas Metal und sogar ein wenig Dance.“ Die Liste ließe sich leicht verlängern, allein Rap fehlt, ausgerechnet jenes Stilmittel, mit dem Mano Negra ihren größten Hit „King Kong Five“ zustande brachten. Doch Marousse haben vor allem das Talent, all jene Einflüsse, die sich zu widersprechen scheinen, die vielen kleinen Ideen, die sich eigentlich ausschließen müßten, zu einem einzigen Sound zusammenzufassen. „Wir sind keine Puristen“, sagen sie über sich selbst, als wäre jemals irgend jemand darauf gekommen, das zu behaupten. Da wird Reptile, der Soundmann, vom anonymen Reglerschieber zum vollwertigen Bandmitglied, schließlich muß er „den Schaffensfluß“ dann in hörbare Kanäle leiten. So kann sich austoben, was zu einer guten Party gehört: ein paar Klopper, die über die eigenen Beine stolpern, freundliche Kinderlieder mit komischen Quiekgeräuschen, eine coole Ballade voller nasser, nächtlicher Pariser Straßen, ein bißchen Rock 'n' Roll zum Fingerschnippen.

Das alles wird zusammengehalten von Marinas Stimme. Und so wie Mano Negra vielleicht die beste Liveband dieses Planeten waren, ist auch von Marousse zu erwarten, daß sie nicht nur transpirieren, sondern den Schweiß transzendieren und den Bereich betreten, wo körperliche Erschöpfung zu einem wohligen Hochgefühl wird. Thomas Winkler

7.11., Kulturbrauerei, Knaackstraße 97, Prenzlauer Berg

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