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■ VorschlagAlevitisches All-Star-Ensemble in der Philharmonie

„Muhabbet“ nannte sich in der Türkei in den achtziger Jahren eine außergewöhnliche Gruppe, bestehend aus den vier alevitischen Musikern Arif Sag, Yavuz Top, Musa Eroglu und Muhlis Akarsu. Jeder für sich ein anerkannter Virtuose auf der Baglama, der dreisaitigen türkischen Langhalslaute, intonierten sie vorwiegend traditionelle alevitische Lieder, sogenannte Deyiș und Sema. Das alevitische Liedgut, oft vertonte Poeme legendärer Sufi-Dichter wie Pir Sultan Abdal oder Yanus Emre, wurde jahrhundertelang durch wandernde Sänger, die Așiks, vorgetragen und weitergegeben und ist ein prägendes Element der Volksmusik Anatoliens. Musik ist Gebet, in ihr drückt sich die Liebe zu Gott aus, und nicht von ungefähr heißen ihre Interpreten daher Așik – zu deutsch „Liebender“ – und gab sich das All-Star-Ensemble den Namen „Muhabbet“, was soviel wie „Liebe, Zuneigung“ bedeutet.

Alevitische Musiker sind heute in allen Bereichen des türkischen Musiklebens, sei es in den staatlichen Rundfunkorchestern, an Konservatorien oder auf dem kommerziellen Kassettenmarkt, anzutreffen. Und die alevitische Musik als Teil der anatolischen Volksmusik fand in verfeinerter Form Eingang in den Kanon der durch Atatürk propagierten türkischen Volkskultur. Das in den vergangenen Jahren gestiegene alevitische Selbstbewußtsein und die zunehmende öffentliche Präsenz provozierten allerdings nicht zuletzt auch jene islamistischen Fanatiker, welche im Juli 1993 im mittelanatolischen Sivas das Hotel in Brand setzten, in welchem sich Schriftsteller, Musiker und Intellektuelle zu einem alevitischen Kulturfest zusammengefunden hatten. 37 Menschen starben damals in den Flammen, unter ihnen Muhlis Akarsu. Seine musikalischen Partner Arif Sag, Yavuz Top und Musa Eroglu trafen sich im vergangenen Jahr in der ausverkauften Berliner Philharmonie erstmals wieder auf der Bühne zu einem begeistert gefeierten Konzert, jetzt treten sie erneut zusammen an. Der Baglama-Solist Mahzumi Șerif jedoch, der sie als Vierter im Bunde begleiten sollte, ist vor kurzem schwer erkrankt, die Veranstalter planen aber, ihm eine kurze Ansprache per Telefonschaltung an das Publikum zu ermöglichen. Daniel Bax

Am Sonntag, 1.12., um 20 Uhr in der Philharmonie, Tiergarten

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