■ Vorschlag: Hans Hemmerts Cowboyhelme als Installation in der Galerie Gebauer
Wer sich zurückerinnert, wird meinen, daß ein Paar Gummistiefel nicht unbedingt zu den erstrebenswertesten Wünschen gehörte. „Hatte ich eine Jugend mit Gummistiefeln?“ fragt der Künstler beim Interviewtermin kleinlaut und sinniert über dem Espressotäßchen, warum er seine Ausstellung mit Bauhelmen ausgerechnet „Jugend ohne Gummistiefel“ genannt hat. Aus gesundheitlicher Sicht ist das Latexprodukt fußpilzverdächtig, und so beschäftigt sich der 1960 geborene Bildhauer auch weniger mit Schuhtrachten, sondern mit Kopfschmuck.
Bei der Vernissage allerdings muß ein Blick hinauf zu den Räumen der Galerie Gebauer an einen überalterten Kindergarten oder an eine Werbeveranstaltung von Legoland erinnert haben. Kostüm war Pflicht – nur unterschied man sich nicht, der ausgeteilten übergroßen gelben Cowboyhelme oder Bauhüte wegen. Bei einem Gespräch stießen zuweilen die weiten Krempen aneinander. Für Unmut sorgte das nicht. Im Gegenteil, die meisten dachten darüber nach, ob sie sich in der von Hans Hemmert inszenierten Kulisse für Bauarbeiter oder Cowboys halten sollten.
Als Ausstellungsobjekt sind die einhundert kopflastigen Helm- Stücke aus Plastik übriggeblieben. Mit großen Nägeln über Kopfhöhe an die Wand gehängt, bilden die halbovalen Beulen eine knallig gelbe Linie durch die Galerie – auf Dauer sicher kein aufregender Anblick. Die Wirkung hängt indes von der Zahl der Besucher ab. So wurden bei der Eröffnung größere Ansammlungen der Hutträger mit aufwendiger Technik fotografiert: für den Künstler ein verwertbares Dokument, weit mehr als der momentane Spaß. Um den Kunstgenuß zu steigern, ist also anzuraten, einige Freunde zum Galeriebesuch mitzubringen. Norman Lindner
Bis 19.7., Di.-Sa. 11-19 Uhr, Galerie Gebauer, Torstraße 220
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen