■ Vorschlag: Songwriterelektronik: Mouse On Mars in der Volksbühne
„Die Maschinen machen lassen“, so hat Andi Thoma einmal die Arbeitsweise von Mouse On Mars beschrieben. Die Musik aber, die das rheinische Duo aus diesem Prinzip erschafft, ist komischerweise ausgesprochen freundlich und ganz und gar nicht so maschinengleich, wie viele Kollegen das so vormachen. Was natürlich daran liegt, daß mit Thoma und seinem Kumpan Jan Werner halt doch Menschen hinter den Reglern sitzen.
Die Sounds, aus denen Mouse On Mars ihre Tracks bauen, scheinen manchmal von Kinderplatten geklaut. Dann sind da Hawaiigitarren und sonstiges liebliches Gleiten und Bibbern und Tröten und Glibbern, aber nichts verweist, wie beim Sampling gern üblich, ausdrücklich auf große Epochen der Popgeschichte. Das Ergebnis strahlt eine so relaxte Stimmung aus, als hätte man sich ewigen Urlaub verdient.
Der Großteil ihres Publikums flüchtete sich zu ihnen, weil sich hier doch noch die anheimelnde Intimität des Kleinkultes mit Modernität verband. Man mußte sich nicht mit Kindern bei der Love Parade drängeln und war trotzdem kein völlig langweiliger alter Furz. Es waren zum Teil dieselben Leute, die R.E.M. gehört hatten, bevor die ihren Multi-Millionen-Dollar-Vertrag unterzeichneten. Mouse On Mars selbst gaben als Vorbilder vor allem Can an, auch wenn sie sich musikalisch inzwischen weit von den Krautrocklegenden entfernt haben.
Thoma und Werner sind eigentlich näher dran an zu Grabe getragenem Indie-Rock und wieder zu den Akten gelegtem Easy Listening als an Drum 'n' Bass. Im Geiste jedenfalls, wenn auch weniger musikalisch. In England, wo sie zu Anfang mehr Erfolg hatten als im eigenen Land, nannte man es „Kraut-Dub“ – was nur irgendwie stimmt; oder auch Ambient – was wiederum viel zu lasch klingt. Ihre Musik ist sowieso immer anders, aber immer Mouse On Mars. Sie hat Rhythmus, manchmal sogar richtig tanzbaren, setzt aber auch das Songwriterprinzip um – nur ohne Worte. Sie eröffnet der elektronischen Musik auf jeden Fall neue Betätigungsfelder, ziemlich genau zwischen dem weiteren Ausdifferenzieren elektronischer Kompromißlosigkeit und dem Rückgriff auf alte Soul- und House-Modelle. Mouse On Mars sind mit ihren liebevollen Melodien jederzeit Pop und quälen niemals nicht den Zuhörer, sondern verwöhnen ihn mit Üppigkeit und Eleganz und soviel Glamour, wie Maschinen nur bieten können. Thomas Winkler
5.10., 21 Uhr, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte
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