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■ VorschlagOrientalisch-bretonisch angehauchter Crossover-Folk: Shai no Shai im Pfefferberg

#Vorschlag

Orientalisch-bretonisch angehauchter Crossover-Folk: Shai no Shai im Pfefferberg

Montpellier steht nicht gerade in dem Ruf, eine multikulturelle Metropole zu sein. Doch genau aus dieser beschaulichen Universitätsstadt im Süden Frankreichs stammen Shai no Shai. Hinter dem seltsamen Namen verbirgt sich eine junge französische Band, die sich mit orientalisch-bretonisch angehauchtem Crossover-Folk in kurzer Zeit einen guten Namen gemacht hat jenseits des Rheins. Dort schätzt man solche musikalischen Weltenwanderer besonders, und dort haben die drei Debütanten auch schon längst einen Major- Vertrag ergattert. Wie das in solchen Fällen oft so ist, liegt der Schlüssel zum experimentierfreudigen Ethno-Eklektizismus in den Biographien der drei Musiker begründet – Sängerin Olga Helm ist Irin, lebte aber eine Weile in Marrakesch, die Violine spielt Laurence Martinez, deren Familie aus Spanien stammt, und Gitarrist Joachim Cohen kann auf diverse Vorfahren aus Spanien, Marokko und der Türkei verweisen.

Ein modischer Multikulti-Mix also, der allerdings exotischer klingt als er tatsächlich ist. Denn folgt man dem unvoreingenommenen Höreindruck, dann erinnern Shai no Shai in erster Linie an vertraute Folkpop-Bands, die in hiesigen Regionen zu Hause sind, wie etwa die frühen Rainbirds, wie Peacock Palace oder die Hallenserin Bobo, als sie noch in weißen Holzhäusern hauste: Ein Umstand, der ihnen auch hierzulande schnell einige Freunde einbringen dürfte. Wie die genannten Gruppen, haben sich auch Shai no Shai fürs universelle Englisch als Gesangssprache entschieden. Nur, daß zu den strukturierenden akustischen Gitarrenakkorden mal keltisch gefiedelt wird, mal orientalische Melodien angedeutet werden.

Dezent verteilen sich gedeckte Ethno-Batikmuster im Gewebe ihres melancholischen Kammerpops, und die Umrisse arabischer Ornamente spielen sich unverhofft aus dem Hintergrund nach vorne. Olga Holm singt dazu von süßer Rache, von leeren Häusern und Karawanen, mit einer Stimmlage, die manche Musikkritiker schon zum Vergleich mit Sinnead O'Connor einlud.

Jetzt, wo die Blätter fallen, passen ihre herbstlich kolorierten Songminiaturen besonders gut in eine Landschaft, die wie in schmutzig-gelbes Licht getaucht wirkt: der passende Soundtrack zur Jahreszeit. Daniel Bax

Heute, 22 Uhr im Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Mitte

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