■ Vorschlag: Universelle Sprache des Pop: Les Robespierres im Knaack-Club
Die meisten von uns dürften das ja von Kindheit und früher Jugend her noch kennen: Man hörte einen englischen Popsong im Radio und sang ihn Zeile für Zeile mit, ohne die englische Sprache zu beherrschen und den Inhalt zu verstehen. Die Popsprache ist universell, und an diese Devise hält sich auch die Hamburger Band Les Robespierres. Sie bedient sich für den inhaltlichen Transport ihrer Musik, einer Mischung aus klapprigem Sixties-Beat und Punk, der portugiesischen Sprache. Ungewöhnlich für hiesige Verhältnisse, doch da Klaus Ramcke, der Sänger, Texter und Vorturner der Band, in Brasilien aufwuchs, Deutsch als Songsprache zu unpassend und Englisch zu abgelutscht fand, besann er sich für seine Musik auf die eigenen Wurzeln. Auch wenn ihm Portugiesisch nicht gänzlich geläufig ist, die Texte der Robespierres eine eigene Kunstsprache darstellen. „Ich singe in einem Portugiesisch, das nicht existiert“, gestand Ramcke auf der ersten Platte der Robespierres in dem Song „Eu Te Ofereco“.
Ihre erste Single hieß „E.Z.L.N.“, ein Song, der unmittelbar nach dem Aufstand der Zapatisten in Chiapas aufgenommen wurde und ihrer sogenannten Befreiungsarmee gewidmet war, ihr erstes Album „Liberdade, Liberalidade“, das aktuelle „Repentista, Repetista“: Da braucht man wirklich nicht jede Songzeile zu verstehen, allein diese an Pop geschulte Sloganhaftigkeit macht das Anliegen der Band und seine Dringlichkeit deutlich. Um Freiheit und Selbstbestimmung soll es gehen, und so was kann man mitunter auch mit einfachen Wahrheiten transportieren wie „der Schwächste verliert, das Leben ist ein Gehetze“.
Wem das nun wieder zu platt ist und wem auch weiterhin die portugiesische Sprache als Medium für zumindest unseren Sprachraum als nicht ideal erscheint, dem seien dann aber die Live-Auftritte der Band wärmstens ans Herz gelegt: Da gibt es keine Atempause, da geht es unermüdlich voran, da herrscht noch mehr als auf den Alben eine Punkrock-Intensität, die sich gewaschen hat, da schreit und hackt und bellt Klaus Ramcke wie weiland Jello Biafra. Und da dürfte ein jeder nichts anderes befolgen können als einen Satz aus dem Song „Meu pequeneo exercito“ (Mein kleines Heer): „Tanzt, tanzt, tanzt, ihr werdet sehen, es ist besser, als zu marschieren.“ Gerrit Bartels
Heute, 21 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Straße 221
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