■ Vorschlag: Transparente Steine: Kunst aus Naxos in der Galerie im Körnerpark
Schwer ist der Marmor, leicht ist die Kunst. Die Abwandlung des alten Sinnspruchs paßt zur Skulpturenausstellung im Körnerpark. Die meisten Arbeiten sind aus hellem, fast weißem Marmor, der sich in der Bearbeitung in elegante Figuren verwandelt hat. Der Marmor stammt aus Naxos, von der größten Insel der griechischen Kykladen, wo die vier ausstellenden Künstler, alle in den Sechzigern geboren, gemeinsam arbeiten: die beiden Deutschen Ingbert Brunk und Ralf Korte, die an der HdK bei Joseph Lonas und Rebecca Horn studierten; dazu die Griechin Vanda Halivopolou und die Koreanerin Kyungmin Sung, die bei Joachim Schmettau abschloß.
Der griechische Marmor ergibt vor allem bei Brunk und Korte klare, zumeist geometrische Formen. Aus vier schmalen Kantstäben hat Korte seine Arbeit „Square“ zusammengesetzt, die nun am Ende des Raumes an der Wand lehnt. In „32 Ansichten“ spielt Korte mit der Transparenz des Steines, wobei sich aus den schartenartigen Durchbrüchen Negativformen ergeben. Auch Brunk macht sich die Aufhellung des Steins durch Lichteinfall zunutze und läßt in seiner frei aufgehängten Serie „Marmor Dia“ aus rechteckigen Platten verschiedene geometrische Formen aufscheinen. Weil aber der Marmor nicht immer so weiß wie Schnee ist, nutzen Brunk und Korte die dunklen Quarzeinsprengsel mitunter auch geschickt als dekorative Akzentsetzungen. Für beide spielt jedoch das Ideal der klassischen griechischen Kunst eine entscheidende Rolle: Im Gleichklang stellt sich eine Beziehung zum Guten, Wahren und Schönen her. Die Koreanerin Sung dagegen nutzt in ihren „Eckstein“ genannten Arbeiten – Reststücke mit abgebrochenen Kanten – die expressiven Qualitäten des Marmors. Außerdem hat sie aus Gips, Glas und Ton einen großen „Mystischen Raum“ als höhlenartige Burg gebaut, die eher wild gewachsene, biomorphe Strukturen aufweist.
Ganz ohne Marmor kommt Halivopolou aus, die vornehmlich mit handgeschöpftem Papier arbeitet, dessen Oberfläche nun durchaus der von Steinen ähnelt. Figuren wie Stuhl, Leiter, Spirale oder Labyrinth verweisen wiederum auf elementare Formen. Doch mit Bildern wie „Fuente“ (Quelle) und „Whirlpool“ oder den als „Bodychange“ präsentierten Papierhemden bringt die griechische Künstlerin zugleich eine anarchistische und ironische Note in die Ordnung aus Marmor. Michael Nungesser
Naxos, bis 4.10., Di.–So. 12–18 Uhr, Galerie im Körnerpark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen