■ Vorschlag: Rock ohne Rente, Qual der Wahl: Jesus Lizard und Dionysos
Ich bin ja lernfähig, verspricht der notorische David Yow gleich im ersten Song von „Blue“, der letzten Platte seiner Band Jesus Lizard. Von der heißt es leicht verächtlich, sie sei in letzter Zeit zu weich geworden. Das große Experiment sei nicht mehr so ihre Sache, hörbar gar sei die Musik des Quartetts aus Texas geworden.
Tatsächlich kann man feststellen, daß Jesus Lizard sich endlich ein wenig mehr wie eine Rockband anhören. Was allerdings zum großen Teil an der Rockmusik selbst liegt und nur zu einem kleineren an der Band. Man kann sich wahrscheinlich darauf einigen, daß die Rockmusik in der langen Zeit, die ihr Sterben nun schon andauert, sich immer weiter ausdifferenziert hat, Jesus Lizard dabei freundlich umarmt werden und diese selbst entdeckt haben, daß ein richtiger Song von Zeit zu Zeit schwer was hermachen kann. Funk- Bässe sind auch nicht schlecht, das hat wohl Produzent Andy Gill erzählt, der früher mal maßgeblich die Geschicke der Polit-Funkcombo Gang of Four bestimmte. All das macht „Blue“ zwar nicht zu einem Meisterwerk, aber doch ein wenig verkäuflicher als die vorherigen Alben. Um Rentensicherung muß man sich aber noch lange keine echten Sorgen machen. Daß solcherlei Musik voerst nicht vor der Entsorgung steht, beweisen Dionysos aus Frankreich. Zwar haben sie sich den Namen geliehen von dem griechischen Gott, der für den Spaß zuständig war, aber bei dem hat sich das sicherlich anders angehört. Wer auf obskures LowFi-Geflunkere steht, ein paar ziemlich folkloristische Geigen und eine quietschende Mundharmonika, freundliche Melodien und Nölen durchs Megaphon und noch mehr Sachen, die eigentlich nicht zusammenpassen, wird, tja, Spaß haben. Eine Menge Spaß. Verdammt viel Spaß. Dionysos sind, machen wir es kurz, große Klasse. Thomas Winkler
Jesus Lizard: 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg. Dionysos: 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei
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