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■ VorlaufQuerbier mal vier

Achternbusch-Reihe in der ARD, Start mit: „Das Andechser Gefühl“, 23.05 Uhr

„Spezialist für Bier im Film“ – mit diesem Slogan wurde Herbert Achternbusch 1976 berühmt. Im Gewimmel des Münchner Oktoberfests filmte er den Lebenskampf als „Bierkampf“. Der gelbe Gerstensaft war bereits in seinem Debüt von 1974 titelgebend: „Das Andechser Gefühl“ wurzelt im Biergarten der Klosterwirtschaft zu Andechs, wo der Film hauptsächlich spielt.

Acht Jahre nach seinem Debüt, anno 1982, sah die CSU ein „Gespenst“: Herbert Achternbusch als Jesus Christus. Der Heiland durchlebt die Passion Christi als Kellner einer Gartenwirtschaft und wird am Ende von einer Frau erlöst. Damit stellte Achternbusch das Evangelium auf den Kopf: „Säuisch“, „pervers“, „dekadent“ und „dumm“ befanden die Honoratioren des Freistaates. Die letzte Rate des Bundesfilmpreises, den der Bierpoet für „Das letzte Loch“ erhalten hatte, wurde vom CSU-Innenminister einbehalten.

Ein derartiger Bilderbuchskandal wirkt gewöhnlich als Karrieresprungbrett. Nach dem „Gespenst“ wurde es jedoch ruhig um Herbert Achternbusch. Seine weiteren Filme liefen, wenn überhaupt, nur kurz in kleinen Programmkinos. Höchste Zeit für eine Filmreihe, die das Schaffen des verquersten deutschen Filmemachers vorstellt. Von der Wurzel („Das Andechser Gefühl“) bis zum Spätwerk: „Wohin“ (1988, am 27.10.), „Mix Wix“ (1989, am 3.11.) und „Ich bin da Ich bin da“ (1992, am 10.11.).

Achternbuschs unnachahmliche Sinnsprüche haben sich tief ins kulturelle Gedächtnis unserer Zeit gegraben: „Du hast keine Chance, aber nutze sie“, ruft Achternbusch in „Die Atlantikschwimmer“ einem Brückenspringer zu. Seit Achternbusch wissen wir auch, daß es „ein Leichtes ist, beim Gehen den Boden zu berühren“. Und die Feststellung: „Ob der Mensch Hirn hat, kann letztlich nur der Metzger entscheiden“, stammt ebenfalls von ihm.

Weniger bekannt ist die Person. Bis zu seinem ersten Film arbeitete er als Maler. Von Günter Eich und Hans Erich Nossak zum Schreiben ermuntert, veröffentlicht er ab 1964 Gedichte in der Literaturzeitschrift Akzente. Auf Martin Walsers Fürsprache hin erscheinen bei Suhrkamp 1967 der Erzählband „Hülle“ sowie 1971 der erste Roman „Die Alexanderschlacht“. Achternbuschs Literatur, gestalterische Grundlage seiner späteren Filme, verweigert sich dem braven Erzählgestus des bürgerlichen Literaturbetriebs. Dennoch wird er von der Kritik lobend anerkannt. Nur die FAZ, die ohnehin das wenige, was es nach 1945 an deutschsprachiger literarischer Avantgarde gab, systematisch verkannte, weist den „verschrobenen Pfuscher“ als „dilletantisch“ zurück.

Achternbuschs Filme sind unfilmisch, im kreativen Sinn. Am Anfang steht nicht das Bild, sondern das Wort. Die Filme entstehen aus seiner Erfahrung mit der Sprache und dem Bier: „Das Andechser Gefühl ist ein Gefühl, daß wir nicht alleine sind. Es stellt sich nach dem zweiten oder dritten Maß Bier ein. Das wogende Gemurmel der Gäste im Biergarten begrenzt die Weite des Nichts oberhalb der Schädeldecke wie ein Schwamm, der alle negativen Gedanken absaugt.“ Das Andechser Gefühl ist Achternbuschs poetische Interpretation der Trunkenheit, vermischt mit religiösem Heilsbedürfnis. Es ist das berühmte „Ozeanische Gefühl“, nach dem folglich auch „Die Atlantikschwimmer“ (1975) suchen – allerdings im wörtlichen Sinn.

Achternbusch selbst spielt in „Das Andechser Gefühl“ einen Lehrer, der Angst hat vor dem Staatsexamen, trinkt und Zeitung liest. Nach einer valentinesken Prüfung erhält er seine Verbeamtung – und stirbt. Beinahe jeder Achternbusch-Film endet mit dem Tod. Er gehört dazu wie das Bier. Manfred Riepe

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