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■ VorlaufUnd sie kam, sah und liebte ...

Hippie-Doku: „The big Pink“, Sonntag, 22.45 Uhr, ZDF

Ganz harmlos, fast bürgerlich fängt alles an, 1962 in einer Münchener Trambahn. Franz und Moni sehen sich, lieben sich, heiraten sich. Es kommt das erste Kind, das zweite Kind, das dritte Kind, das vierte Kind. „Das war dann natürlich schon gar nicht mehr mein Kind“, erklärt Franz in den ersten Minuten des Films lapidar und eröffnet damit den wunderbar leichtfüßigen Erzählsound von Kolin Schults „The big Pink“, seiner liebevoll rekonstruierten „Geschichte einer Hippie-Familie“.

Moni hat nämlich zwischenzeitlich „Jules und Jim“ gesehen – und Adrian, den Jugendfreund ihres Gatten. Und die beiden sehen sich, lieben sich und ... führen fortan eine Ehe zu dritt. Gemeinsam reist die Familie mit Kind, Kegel und Adrian quer durch die Welt: Von Berkley/USA geht es über Texas nach Thailand. Und da begegnet Monika dem jungen Ecki. Und sie sehen sich, lieben sich ... und nun sind sie eben vier.

Das alles erzählen die Beteiligten mit erstaunlichem Leichtmut. Immer wieder beschleicht einen das Gefühl, daß doch nicht alles so free & easy gewesen sein kann. Aber da sind ja noch die unendlich vielen Super-8-Filme, die Monika in den wilden Jahren gedreht hat, und die das süße Leben in Asien, Afrika und den USA dokumentieren. Kolin Schult hat über 200 Stunden Material gesichtet und zu artifiziell komponierten Clips zusammengeschnitten. Vor allem aus diesem gelungenen Zeitensprung zwischen langsamen Dokumentarbildern und alten Trashstücken bezieht der Film seine Leichtigkeit und sprunghafte Dynamik.

Schult nimmt dabei ausschließlich die Position des wohlwollenden Chronisten ein. Der Sohn des Aktionskünstlers H. A. Schult hätte wohl auch ein tragisches Lied davon singen können, wie es sich so lebt als Kind derart exaltierter Eltern. Aber wenn auch aus den Erzählungen der ein oder andere Mißton herauszuhören ist, so läßt „The big Pink“ dann doch lieber die verwackelten Bilder einer rasanten Epoche für sich sprechen. Und die sieht man und liebt man und ...Klaudia Brunst

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