■ Vorlauf: Tanga und Schleier
Arte-Themenabend „Hochzeit“, Sonntag ab 20.40 Uhr
Heiraten ist wieder angesagt, aber nicht zivil und bescheiden auf dem Standesamt, sondern mit Pracht und Pomp und Pferdekutsche. Der Themenabend informiert schön artefiziös über Trends und Träume. Die Traumhochzeit à la Linda de Mol darf richtig was kosten, und das freut die „Hochzeitsmacher“. Miriam Dehnes Dokumentation über die Branche ist das Kernstück des Abends. Wer die Schwiegereltern nicht unnötig bemühen will, kann den Start ins Leben zu zweit von diesen Profis vollständig ausrichten lassen. Im Mittelpunkt steht natürlich der weibliche Teil des zukünftigen Ehepaars, der sich vom Scarlett-Kleid (kann ausgeliehen werden) bis zum String-Tanga in züchtigem Weiß (Miederwaren müssen gekauft werden!) für einen Tausender hübsch verpacken lassen kann.
„Die Bräute sind viel anspruchsvoller geworden“, bemerkt der Fachmann, in puncto Brautkleid scheint sich die frühkindliche Konditionierung auf die Hochzeitsbarbie gelohnt zu haben. Bei so einem Fest ans Geld zu denken wäre geschmacklos, meint ein Frischvermählter und hält den Arm seiner Frau mit Besitzerstolz fest. Die ist einfach sprachlos vor Glück. Für Eilige empfiehlt sich die Eheschließung in den USA, da können Aufgebot und Hochzeit an einem Tag abgehakt werden. Betroffene geben hierzu wertvolle Tips. Nach dem Jawort ist ein Trinkgeld für den Friedensrichter fällig, und beim Friseur ist Vorsicht geboten: Der könnte die Braut derart verschandeln, daß sie gar nicht mehr heiraten will. Manch Branchenprofi erweist sich als Meister unfreiwilliger Komik. Mit gediegenem Ernst wird uns ein „Felicitas-Köfferchen“ offeriert, in dem sich neben Haushaltsgegenständen auch – wie schön! – ein kleines Kochbuch findet, falls frau noch nicht richtig firm ist.
Die Collage aus der Konfrontation zwischen Profis und Paaren, Alten und Jungen ist mit Stummfilmsequenzen satirisch angereichert und mit Schmalz und Schmackes musikalisch untermalt. Und wenn der Traum in Weiß vorbei ist, könnte sich schon die nächste Marktlücke auftun, Linda de Mol führt es demnächst vor: Traumscheidung?Anne Winter
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen