■ Vorlauf: Verlierer, die immer noch kämpfen
„Abschied von Altenwerder – Ein Dorf weicht dem Hafen“, 23.05 Uhr, N 3
„So schnell ist das noch nicht vorbei mit uns“, sagt Elisabeth Schwartau auf dem Friedhof der Elbinsel Altenwerder, während sie das Grab ihres Mannes beharkt. Sie hoffe, mindestens bis 2005 zu leben – weil dann ihr verbrieftes Recht, dort neben ihm ihre letzte Ruhe zu finden, von der Stadt Hamburg um zehn Jahre verlängert werden muß. „Wenn die Stadt uns Fristen setzt, dann wollen wir ihr auch Fristen setzen.“
Elisabeth Schartau ist die letzte, die das könnte. Von dem 700 Jahre alten Fischerdorf Altenwerder, nur fünf Kilometer vom Hamburger Rathaus entfernt, werden nur Friedhof und Kirche übrigbleiben, wenn das 250 Hektar große Areal vom Hafen verschlungen sein wird und ab 2001 die ersten Container- Pötte dort festmachen.
Seit der Senat 1973 die „Räumung zum Zwecke der Hafenerweiterung“ beschloß, kämpften einstmals fast 2.000 Einwohner verbissen gegen die Vertreibung. Während ein Großteil von der Stadt nach und nach rausgekauft wurde, den Nervenkrieg nicht mehr aushielt oder starb, verursachten Gerichtsurteile, Planungsfehler und mangelhafte Finanzierungskonzepte einen jahrelangen Baustopp. Dennoch hielt die Hansestadt an dem Projekt fest, obgleich Fachleute flächensparendere und kostengünstigere Lösungen anboten. Nach geänderter Gesetzeslage setzte ein Gerichtsbeschluß ab Herbst 1996 schnell Bagger, Raupen und Kettensägen in Gang, die das inzwischen zum Naturreservat verwachsene Rest-Altenwerder in eine Mondlandschaft verwandelten.
Die Chronik dieses besonderen Abschieds zeigt der Dokumentarfilmer Trevor Peters, der den Kampf um Altenwerder über 20 Jahre lang mit mehreren Filmen verfolgte. Er versucht, mit schlichten Bildern nicht in Nostalgie zu machen, und enthält sich einer Wertung. Peters zeigt Menschen, die nach langem Kampf verlieren mußten, um ihre Existenz nicht zu verlieren, und die vor seiner Kamera immer noch kämpfen, sich Mut machen, um ihre Ehre zu bewahren. Ulla Küspert
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