: Vorerst verhinderte Verkehrsberuhigung
■ Haushaltsausschuss blockiert den Rückbau der Humboldtstraße / SPD-Fraktion und Senat dafür / Beirat: „Verarschung“
Für Bremer Verhältnisse müßte die Sache eigentlich längst geritzt sein, haben sich doch der Chef der SPD -Bürgerschaftsfraktion, der Sprecher der Baudeputation und die Spitzen der Ressorts Bau und Inneres dafür ausgesprochen. Dieser Zustimmung gewiß, ist der formale Gang durch Behörden und Ausschüsse in aller Regel ein Selbstläufer. Nicht so im Fall der Verkehrsberuhigung Humboldtstraße.
Seit acht Jahren stimmt der Beirat Mitte/Östliche Vorstadt Pläne ab, bespricht sie mit den zu
ständigen Behörden, konsultiert die Deputationen für Bau und Inneres. Der Senatsdirektor Bau, Manfred Osthaus, und der Sprecher der Baudeputation, Carlo Schreiber, haben öffentlich kundgetan, daß vor einer Fußgängerumwandlung des Steintor die Humboldtstraße rückgebaut werden müsse, solle sie nicht zur Hauptverkehrsachse im Bremer „Viertel“ verkommen. Konrad Kunick und Peter Sakuth, die zuständigen Senatoren für Bau und Inneres, haben ihr Placet gegeben. Nur der Haushaltsausschuss
der Bürgerschaft, für die Bewilligung der Finanzierung verantwortlich, widersetzt sich bislang der von allen Seiten gewünschten Verkehrsberuhigung.
Am vergangenen Donnerstag noch hatten Ortsamtsleiter Heck und Senatsdirektor Osthaus eine neue, dritte Vorlage erarbeitet. 160.000 Mark geringere Baukosten waren darin veranschlagt, der Kritik des Ausschusses, die
ursprünglich veranschlagten 750.000 Mark seien zu hoch, war also entsprochen. Doch die Vorlage kam in der Sitzung des Haushaltsausschusses gar nicht zur Beratung, „nachbesserungswürdig“ befand die SPD und schickte sie zurück. Eine „inhaltliche Begründung“ habe er nicht bekommen, sagte Ortsamtsleiter Hucky Heck gestern. Der Ausschußvorsitzende Wolfgang Klatt (SPD)
sei „offensichtlich nicht in der Lage, mir die wahren Gründe von Angesicht zu Angesicht zu sagen“, so Heck.
Mit ihm ist der gesamte Beirat Östliche Vorstadt auf den Barrikaden. Eine „Unverschämtheit“, „Verarschung der Beiratsarbeit“ schimpften gestern auch Mitglieder der sozialdemokratischen Beiratsfraktion. Die SPD scheine das mehrheitlich grüne Viertel in ihrem Kampf um Wählerstimmen schon aufgegeben zu haben.
Daß der Haushaltsausschuß doch noch schnell sein Ja-Wort spricht, beschwor dagegen gestern dessen SPD-Mitglied Wolfgang Kahrs. Er nämlich hatte wie seine restlichen Fraktionskollegen von der neuen Vorlage nichts gewußt („Da müssen sie den Ausschuß-Vorsitzenden fragen“) und geht nun davon aus, daß dem abgespeckten Vorhaben in der nächsten Sitzung am 18. Mai grünes Licht erteilt wird.
Andreas Hoetzel
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