Vorbereitung auf Klimawandel: Verzicht muss man lernen
Das Umweltbundesamt untersucht die Folgen des Klimawandels - und schlägt Gegenstrategien vor. So sollten Städte zum Beispiel Kälteschneisen planen.
Trotz aller Bemühungen um den Klimaschutz - der Klimawandel wird in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten seine Spuren hinterlassen. Die Sommer werden deutlich trockener, die Zahl der extremen Niederschläge im Winter und Frühjahr wird steigen. Wie sich Deutschland auf diese Änderungen einstellen kann, untersucht das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau seit einigen Jahren. Erst in dieser Woche trafen sich erneut Experten zu einem Workshop in Dessau. Und sie stellten fest: Damit Deutschland gegen den Klimawandel gerüstet ist, müssen Baurecht und Stadtplanungen ebenso verändert werden wie zum Beispiel die Gesundheitspolitik.
Denn vieles, was wichtig für die Anpassungsstrategie sei, falle in Bereiche, die nicht zur klassischen Umweltpolitik gehören, sagte Benno Hein, Leiter des Fachgebietes Klimaschutz beim UBA. So müsse die Feuerwehr auf die zunehmende Waldbrandgefahr reagieren. Neben entsprechender Löschausrüstung bedeutet dies auch eine verstärkte Brandschutzaufklärung in deutschen Städten.
Auch das Baurecht muss nach Meinung der Experten erweitert werden. Eine neue Brücke über einen Fluss oder Deiche müssten zum Beispiel so geplant sein, dass sie auch den zunehmenden Hochwassern standhalten. "Wir brauchen eine Klimaverträglichkeitsprüfung für alle Bauprojekte", sagte Hein. Eine Veränderung der DIN-Normen sei ebenfalls denkbar. Auch Stadtplaner müssen in Zukunft mehr Schneisen und Grünflächen einplanen, um die Städte auf die stärkere Aufheizung in den langen und trockenen Sommern vorzubereiten.
Sehr konkret sind die Forderungen allerdings noch nicht. Was konkret in neuen Verordnungen stehen soll, wer für Prüfungen und Kontrollen zuständig sein wird und wie genau der Kriterienkatalog ausssehen soll, sei noch offen, räumte Hein ein. UBA-Präsident Andreas Troge geht allerdings so weit, dass er zum Beispiel bei Brücken und Uferbebauungen nur dann öffentliche Fördermittel zulassen würde, wenn die Klimaverträglichkeit gewährt ist.
Doch der Klimawandel wird nicht nur zu technischen Veränderungen und neuen Vorschriften führen, zeigte sich Troge sicher. "Die Folgen werden weit über die naturalen hinaus auch unsere Kultur erfassen." Als zentrale Punkte nannte Troge unter anderem eine noch zu erlernende Kultur des Verzichts. Dass zum Beispiel in der Debatte um den Autoverkehr einschränkende Maßnahmen wie Tempolimits immer als Gegenpol zu technischen Maßnahmen diskutiert würden, hält er für falsch. Denn klimaschonende Technik würde Geld kosten, das der Verbraucher an anderer Stelle nicht zur Verfügung habe. "Verzichten müssen wir immer", sagte Troge.
Auch völkerrechtlich müsste der Klimawandel nach Ansicht des UBA zu weitgreifenden Konsequenzen führen. So gebe es noch viele verschiedende Institutionen, die unterscheidliche Einflussmöglichkeiten und politische Ziele hätten. Die Welthandelsorganisation (WTO) verfüge zum Beispiel über konkrete Sanktionsinstrumentarien in Handelsfragen, die Vereinbarung zum Klimaschutz sei hingegen eine reine Absichtserklärung. Die Verknüpfung beider völkerrechtlicher Instrumente könnte zum Beispiel eine Art Klimazoll sein, den Länder mit geringen Umweltschutzauflagen für ihre Produkte bei der Einfuhr in die Europäische Union zahlen müssten.
Noch sind das alles allerdings reine Gedankenspiele. Etwas konkreter könnte ein Weißbuch der Europäischen Union zu Anpassungsstrategien an den Klimawandel werden, das für das kommende Jahr geplant ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!