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Vor den Parlamentswahlen in KambodschaOpposition ohne Chancen

Kambodscha wählt am Sonntag ein neues Parlament. Doch die Opposition ist zersplittert, Ministerpräsident Hung Sen hat die "gebrochene Gesellschaft" fest im Griff.

Gefeiert, aber chancenlos: Oppositionsführer Rainsy in Kambodscha. Bild: reuters

Doun muss nicht lange nachdenken: "Sam Rainsy ist der richtige Mann für Veränderungen", sagt der schmale 26-Jährige über den Chef der oppositionellen Sam-Rainsy-Partei. "Wir wollen endlich einmal sehen, ob andere es besser machen als die Jetzigen." Die "Jetzigen" sind Langzeitpremier Hun Sen und seine Vertrauten, die die Machtbasis der kambodschanischen Volkspartei (CPP) kontinuierlich ausgebaut haben. Der politisch verschlagene Hun Sen ist Kambodschas "starker Mann", seine CPP verbandelt mit Wirtschaftsmagnaten, Militär und Polizei.

Die Kluft zwischen Arm und Reich bleibt tief in Kambodscha. Das regt Doun am meisten auf. Er hat schon als Müllsammler, auf einer Farm und als Autowäscher gearbeitet. Zufällig landete er in einem Restaurant in Phnom Penh, dessen Besitzer sich für Waisen- und Straßenkinder engagiert. Englischunterricht und Ausbildung gibt es inklusive.

Vor dem kleinen Restaurant braust der Verkehr. Die Anzahl der Autos hat in wenigen Jahren stark zugenommen. Die Mächtigen leisten sich teure, dunkel verglaste Autos. Mit ihren Bodyguards fahren sie in Kolonnen durch die Hauptstadt, während an den Straßenrändern Menschen in Lumpen ausharren. Hun Sen, so raunen viele, halte es nur mit den Reichen. Die arme Bevölkerung, die Kranken und von Krieg und Landminen Versehrten würden ignoriert. Sie bleiben die Verlierer in dem Land, das einst von Völkermord und Bürgerkrieg heimgesucht wurde.

Dafür herrscht heute Frieden in Kambodscha. Hun Sen und seine CPP brüsten sich damit, dem Land Stabilität gebracht zu haben - auch wenn viele Menschen das Trauma der Schreckensherrschaft der Roten Khmer unter deren Führer Pol Pot längst noch nicht überwunden haben. Zwischen 1975 und Anfang 1979 kamen bis zu 1,7 Millionen Kambodschaner ums Leben. Wer nicht hingerichtet wurde, starb unter Folter oder an Hunger, Erschöpfung und Krankheiten.

Manche Überlebende des grausamen Regimes sind heute ausgewiesene Kritiker der jetzigen Situation. Extreme Armut, Menschenrechtsverletzungen und Korruption sind allgegenwärtig. Die Aktivistin Theary Seng spricht von einer "gebrochenen Gesellschaft". Die Chefin des Zentrums für soziale Entwicklung in Phnom Penh verlor während des Pol-Pot-Regimes ihre Eltern. "Verglichen mit der Zeit der Roten Khmer leben wir heute wie im Himmel", sagt die 37-Jährige. "Aber wenn wir unsere heutigen Lebensbedingungen mit denen anderer Staaten vergleichen, befinden wir uns immer noch im Mittelalter."

So ist es in Kambodscha üblich, Kritiker mundtot zu machen. Erst vor Kurzem sorgte der Mord an einem oppositionellen Journalisten und dessen Sohn für Schlagzeilen. Die Täter sind nicht bekannt, aber die Polizei beeilte sich zu versichern, dass der Mord höchstwahrscheinlich ein persönlicher Racheakt gewesen sei. Theary Seng widerspricht: Die Tat trage alle Merkmale eines politischen Mordes. "Er wurde in aller Öffentlichkeit verübt. Die Täter scheinen sich sicher zu sein, dass sie straffrei ausgehen."

Die politische Führung zeichnet im Wahlkampf ein optimistisches Bild Kambodschas. Beobachter gehen davon aus, dass, wer ein Stück Land, ein Haus oder einen besser bezahlten Job haben will, am ehesten Hun Sens CPP wählen wird. Entscheidend wird sein, ob die Opposition die 18- bis 30-Jährigen, die mehr als die Hälfte der 8,6 Millionen Wahlberechtigten ausmachen, für sich gewinnen kann. Doch das oppositionelle Lager, unter anderem repräsentiert von der Sam-Rainsy-Partei oder der von dem Exparlamentarier und Aktivisten Kem Sokha gegründeten Menschenrechtspartei gilt als zersplittert und schwach.

Hun Sen hat einen weiteren Trumpf in der Hand: Die Regierung und ihre Vertrauten kontrollieren nahezu alle elektronischen Medien. Die Opposition bekam im Wahlkampf keine Sendeplätze, nur die Printmedien berichten über sie. Doch erreichen die Zeitungen nur einen Bruchteil der Bevölkerung, von der mehr als 60 Prozent nicht lesen und schreiben können.

"Wir haben keine Demokratie", urteilt auch Youk Chhang vom Dokumentationszentrum Kambodschas. Es hat sich der Aufarbeitung des Völkermords unter den Roten Khmer verschrieben. "Zwar haben wir viele Parteien, die die Regierung herausfordern, aber keine echte Opposition", sagt Chhang. "Die Chancen auf Veränderungen sind dünn gesät."

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2 Kommentare

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  • UB
    Urs Brauer

    Ich war gerade eben in Kambodscha und habe den Wahlkampf nah mitbekommen. Meine Freunde reagieren genauso differenziert zu ihrer wirklichen Meinung, wenden sich aber dennoch lautstärker vom Regierenden Langzeitpremier Hun Sen ab, als jeh zuvor. Für alle Korruption wird er bei den fortschrittlich denkenden Menschen als erstes verantwortlich gemacht.

    Der König Shihamony, der im Oktober 2004 die Thronfolge antrat, ist einer der fortschrittlich denkenden, der leider keine Macht, dafür einige Anerkennung in der Befölkerung Kambodschas hat.

  • RF
    Robert Fien

    Ich war vor ca einem Jahr länger in Cambodia und habe dort immer wieder versucht das Thema Polik und die Vergangenheitsbewältigung anzusprechen. Die meisten Menschen sind sehr verschwiegen und verstört, aber dennoch habe ich mit einigen meist jungen Menschen sehr interessante Gespräche führen können.

     

    Leider ist bei uns nur die Zeit der Roten Khmer in den 70er Jahren als besonders schrecklich bekannt. Weniger bekannt ist, das der Bürgerkrieg viel länger dauerte und es schwer ist festzulegen wann er denn wirklich vorbei war. Einige Leute mit denen ich geredet habe wurden noch in den 90er Jahren verwundet oder haben Angehörige verloren.

     

    Die politische Situation sieht so aus das in jedem noch so kleinen Dorf mind. 1 Büro der regierenden Peoples Party existiert. Es gibt konkurrierende Parteien über die mir berichtet wurde sie seien in Wahrheit mit dieser verbündet und nur dazu da um den Schein einer Demokratie zu wahren. Auffällig war, das alle Menschen die sich GEGEN die Regierung aussprachen dies in sehr ängstlicher und leiser Form machten und andeuteten dass offene Kritik für sie Konsequenzen haben könne.