piwik no script img

Vor Freilassungen in KubaCastro erkennt politische Gefangene an

Anlässlich der Visite von Spaniens Außenminister Moratinos in Kuba sollen drei Dutzend politische Gefangene und Dissidenten auf freien Fuss gesetzt werden.

Wird zurzeit intravenös ernährt: Kubanischer Dissident Farinas im März. Bild: dpa

"Das Beste wäre es, wenn Fariñas den Hungerstreik beenden würde", erklärte Spaniens Außenminister Miguel Ángel Moratinos wenige Stunden nach seiner Ankunft in Havanna am Montag. Seit dem Tod von Orlando Zapata am 24. Februar befindet sich Guillermo Fariñas, ein Dissident aus der kubanischen Provinzstadt Santa Clara, im Hungerstreik. Er schwebt nach Angaben der behandelnden Ärzte in Lebensgefahr, da sich in seiner Halsschlagader ein Blutgerinnsel gebildet hat. Der Dissident teilte über einen Sprecher mit: "Ich bin mir meines nahen Todes bewusst, und ich betrachte dies als Ehre. Die Einzigen, die dafür verantwortlich sind, sind die Brüder Fidel und Raúl Castro." Fariñas liegt in einem Hospital in seiner Heimatstadt Santa Clara, rund 250 Kilometer östlich von Havanna, und wird intravenös ernährt.

In Kubas Gefängnissen sitzen gerade rund 40 politische Gefängnisse Beamten gegenüber, um ihnen Rede und Antwort zu stehen. "Das ist das normale Procedere, bevor es zu Entlassungen kommt", erklärte Elizardo Sánchez, Sprecher der in Kuba geduldeten kubanischen Kommission für Menschenrechte und nationale Versöhnung. Sollten sie alle auf freien Fuß gesetzt werden, wäre das ein beachtlicher Erfolg der Vermittlungsbemühungen der katholischen Kirche.

Seit Wochen verhandeln Kubas Bischöfe mit der Regierung über die Haftbedingungen, die Freilassung von politischen Gefangenen und den Umgang mit der Opposition und den Angehörigen von inhaftierten Dissidenten. Ein Novum in der kubanischen Geschichte, denn die Existenz von politischen Gefangenen auf der Insel war immer kategorisch verneint worden. Erst mit dem Hungertod von Orlando Zapata am 24. Februar des Jahres hat sich die Position der Regierung in Havanna geändert.

Als Vaterlandsverräter und Söldner werden Dissidenten in Kuba zumeist bezeichnet, weil sie finanzielle und logistische Unterstützung vom Feind, den USA oder anderen Ländern akzeptieren, so auch Orlando Zapata. Laut Amnesty International zählte er jedoch zu den 65 "Gewissensgefangenen". Sein Hungertod sei allerdings so etwas wie ein Weckruf auf nationaler wie internationaler Ebene, sich mit den Menschenrechtsverhältnissen in Kuba zu beschäftigen, erklärt Miriam Leyva gegenüber der taz. Die Sprecherin der "Damen in Weiß", einer Frauenorganisation, die sich nach der Verhaftungswelle vom März 2003 gründete, um für die Freilassung ihrer Söhne, Männer und Väter zu kämpfen, vertraut in das Verhandlungsgeschick der katholischen Kirche. "Sie hat bisher die Freilassung von Ariel Sigler und die Verlegung eines Dutzends anderer Häftlinge erreicht, weitere Freilassungen könnten folgen." Verantwortlich dafür macht Leyva den internationalen Druck. Seit dem Tod Zapatas wird international immer wieder an die Regierung von Staatschef Raúl Castro appelliert, die laut der kubanischen Kommission für Menschenrechte derzeit 167 politischen Gefangenen freizulassen. Dies ist die geringste Zahl seit der Revolution.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • O
    Ogelalla100

    Ich war gerade vor einigen Monaten in Kuba, und musste doch einige romantische Vorstellungen abgeben. Das ganze Land ist nämlich ein Knast! Leider liegt es im Schatten der Weltaufmerksamkeit und viele in Europa haben ziemlich falsche Vorstellungen. Nix tropischer Sozialismus, nix "tolle ärztliche Versorgung", nix keine Arbeitslosigkeit und all das. Stattdessen: Korruption, Polizeistaat, zwei Währungen (sagt eigentlich schon alles), allgemeine Depression, Verfall & geistige Zensur satt. Und schuld an allem was schief läuft, sind immer nur die bösen Yankees - denen das alles herzlich egal sein dürfte.

     

    Wer´s nicht glaubt, soll selber mal hinfahren und mit den Leuten reden.

    @ Abel - da ändert auch die FDP nichts dran.

  • S
    stefan

    Ich kann in dem Text leider kein Zitat oder einen ähnlichen Beleg finden, dass Kuba "politische Gefangene" anerkennt.

    Die entsprechende Passage im Text in der diese Bezeichnung auftaucht scheint eher die Interpretation des Autors zu sein.

  • M
    MalWiederIch

    Gut, das Kuba zugibt polit. Gefangene zu haben. Leider sind sie nicht die einzige Nation, bei der es so ist, aber dank unseren westl. Medien schauen wir meist nur auf solche Diktaturen und vergessen unsere Freunde, die auch Oppositionelle inhaftieren.....

     

    Aber keiner in den Mainstream-Medien würde z.B. wagen Peltier, Jamal und die Cuban Five etc. als polit. Gefangene darzustellen......(amerik. Beispiele- später folgen noch andere oder checkt einfach AI)...

  • M
    Moses

    "[...]In Kubas Gefängnissen sitzen gerade rund 40 politische Gefängnisse Beamten gegenüber [...]"?

  • A
    Abel

    Na, die FDP und deren Naumann Stiftung wird sich schon um die Dissidenten kümmern. Vielleicht können diese ja benutzt werden um dereinst hübsche neoliberale Reformen und die Privatisierung aller Staatsbetriebe einzuläuten. Solange potentielle Käufer die liberale Partei und deren Stiftung unterstützen, müßte auch genug Geld vorhanden sein, um Journalisten über die Existenz gemeiner Gefängnisse und vieler politischer Dissidenten aufzuklären. Der Taz solls finanziell auch nicht so gut gehen, wie man hört.

  • E
    Elba

    Die Castros sind Kommunisten - aber daneben auch kubanische Nationalisten und es scheint das sie deshalb schon seit vielen Jahren eine stillschweigende Zusammenarbeit mit dem Vatikan pflegen: Der antikommunistsche polnische Pabst wurde schon damals vom Fidel persoenlich am Flughafen in Havanna empfangen. Jetzt, wo Kuba in eine neue Entwicklung einlaeuft, bietet sich nun eine groessere Rolle fuer die katholische Kirche als Verteidiger des kubanischen Nationalismus als "Zentrum" zwischen den Kommunisten und den von USA unterstuetzten Elementen zu walten. Raul und "Elian" und Familie - (alle Mitglieder der KP) - waren jetzt bei der Messe in einer katholischen Kirche. "Elian" war vor zehn Jahren der kleine Junge welche unter dramatischen Umstaenden von Florida wieder nach Kuba zurueck gebracht wurde: Ganz klar - man kann kommunistisch oder katholisch, oder beides sein - Hautsache "Cubano nacionalista"!

  • L
    lutzindasky

    40 politische Gefängnisse stehen kurz vor der Freilassung? Dann ist ja bald alles gut in Kuba!

     

    Freude!

  • S
    Sebastian

    Na da wird die Ulla Jelpke aber traurig sein. Dabei gibt es doch in Kuba gar keine Menschenrechtsverletzung. Und jetzt macht die taz auch noch bei dieser kleinkarierten Diskussion mit. Dem sozialistischen Bruderland fällt man doch nicht in den Rücken. Ist doch absolut richtig wenn Leute die gegen Sozialismus sind in den Knast kommen.