: Von Unrecht und Ohnmacht
■ Das Fama zeigt eine Film-Reihe zur Kindheit im Faschismus
Kindheit im Faschismus, das war der Druck der Anpassung, des Gleichseinmüssens, des Mitziehens. Das war die Angst vor dem Herausfallen, vielleicht die Entscheidung dafür oder dagegen, und die Ohnmacht vor allem. Wie die Welt der Kinder eine exakte, nur verkleinerte Reproduktion der Erwachsenenwelt ist, zeigt nun eine Mini-Filmreihe im Fama, die diesem Thema gewidmet ist und auch selten Gezeigtes bietet: Kindheit im Faschismus.
Die Kinder aus Nr. 67, ein bundesdeutscher Streifen von 1979/80, setzt inhaltlich am frühesten an: kurz vor dem wirklichen Beginn des Faschismus, in der Ruhe vor dem Sturm. Die Freunde Paul und Erwin und die Hausgemeinschaft, in der sie leben, werden nach der Machtergreifung vom Prozess der Polarisierung nicht verschont. Kommt der eine schnell zu einer neuen Sicherheit in der Hitlerjugend, sieht der andere vom Rand aus zu. Unspektakulär und überzeugend wird hier Alltag gezeigt, wird den kleinen, graduellen Veränderungen nachgestellt. Anders in Sie nannten ihn Amigo (DDR 1958). Hier wird der Alltag einer Berliner Jungenbande durch die Entdeckung eines entflohenen KZ-Häftlings zerstört als die Jungen den Mann verstecken. Die Geste des Mitgefühls wird lebensgefährlich, als die Jungen entdeckt werden.
Ein Erlebnis aus seiner eigenen Jugend hat Louis Malle in Auf Wiedersehen, Kinder verarbeitet: die Freundschaft zu einem Gleichaltrigen, der eines Tages aus der scheinbaren Sicherheit eines ländlichen Internats im deutsch besetzten Frankreich verschleppt wird, weil er Jude ist: sicher der durchkomponierteste, künstlerisch hochwertigste Film der kleinen Reihe. tom
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