: Vom Winde verweht
Weil die US-Aufsicht über die Genforschung schlampt, ist das Risiko unbeabsichtigter Freissetzung unnötig groß
Bei der Kontrolle von Freisetzungsversuchen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ignoriert das US-Agrarministerium USDA seine eigenen Vorgaben. Das ermittelte ein hauseigenes Inspektionsteam. Lückenhafte Vorschriften und ein mangelhaftes Kontrollmanagement „vergrößern das Risiko, dass sich gentechnisch veränderte Organismen unbeabsichtigt in der Umwelt etablieren“, so das Urteil des Reports.
So versäumt es das USDA zum Beispiel, regelmäßig die Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen zu kontrollieren. Auch wurde häufig nicht geprüft, ob Pflanzen und Samen auf dem Versuchsfeld verbleiben oder wie vorgeschrieben nach Versuchsende unverzüglich vernichtet werden.
Über 10.600 Anträge für 49.300 GVO-Freisetzungen wurden seit 1986 von der zuständigen USDA-Abteilung, dem Plant Health Inspection Service (APHIS), genehmigt. Für ihren Report begutachtete das Inspektionsteam 91 Feldversuche in 22 US-Bundesstaaten. Schwierig für die Inspektoren war allein schon herauszufinden, wo die Freisetzungen überhaupt stattfanden. Oftmals konnten weder das APHIS noch die Biotechfirmen selber benennen, wo sie ihre Freisetzungsexperimente ausgeführt hatten. Von 12 befragten Unternehmen waren 4 sogar nach zwei Wochen noch nicht in der Lage zu sagen, wo die Gentech-Pflanzen ausgebracht worden waren.
Vor Ort entdeckten die Inspektoren dann die nächsten Missstände. An mehreren Standorten lagen noch bis zu drei Wochen, nachdem das Feld abgeerntet worden war, große Mengen an Pflanzenresten einschließlich keimfähiger Samenkörner. Zeit genug für Wind und Tiere, die Samen zu verbreiten.
Noch weitaus schärfer kritisierte das Inspektorenteam die Zustände bei Freilandversuchen mit gentechnisch veränderten Industrie- und Pharmapflanzen. Mit diesen Pflanzen sollen Substanzen produziert werden, die als Rohstoff in der Industrie Verwendung finden. Dazu gehören auch Substanzen für die pharmazeutische Industrie, die schon in sehr kleinen Konzentrationen eine große Wirkung haben können. Trotz dieses Gefahrenpotentials vernachlässigt der APHIS auch hier seine Aufsichtspflicht. So wurden die Felder nicht wie vorgesehen regelmäßig überprüft, es wurde auch nicht kontrolliert, wo die Erntereste verbleiben.
Zum Teil fanden die Inspektoren noch 17 Monate nach Versuchsende Gentech-Ernten von bis zu eineinhalb Tonnen Umfang auf Farmen gelagert, die als Vertragsunternehmen für die Biotech-Industrie arbeiten. Um zu verhindern, dass die hoch wirksamen Pharmapflanzen in Nahrungsmittel gelangen, hätten sie jedoch unmittelbar nach der Ernte sofort von dem Biotech-Konzern abgenommen und sicher gelagert oder sofort vernichtet werden müssen. LEM
Der Report ist einzusehen unter www.usda.gov/oig/webdocs/50601-08-TE.pdf