■ Vom Nachttisch geräumt: Aufschlüsse
Konservative Joyce-Leser sind sich schnell einig: die „Dubliners“ sind sein bestes Buch. Für die Liebhaber des Meisters, und für die, die prinzipiell alles ein bißchen genauer wissen wollen, gibt es jetzt eine Ausgabe, die rechts den Text und links die erläuternden Anmerkungen bringt. Dazu eine Fülle von Abbildungen. Nichts Joycesches bleibt einem fremd. Wer die „Dubliners“ als Schlüsselroman lesen will, dem wird erklärt, wer die Lily in „The Dead“ war. Aber die Kommentatoren erläutern auch die symbolische Bedeutung des Namens und grammatikalische Eigentümlichkeiten. Mit immer wieder überraschenden Hinweisen. Wenn Joyce zum Beispiel schreibt „The men that is now“ und damit das Subjekt in den Plural und das Prädikat in den Singular setzt, dann erklären die Herausgeber diesen Fehler nicht nur mit einem lapidaren irish idiom. Sie verweisen auch genüßlich auf Chandler, der in „The Big Sleep“ Agnes ähnlich sprechen ließ.
In zehn, zwölf Jahren werden Fans dieser Ausgabe einander gestehen, niemals Joyce' Erzählungen gelesen zu haben, weil sie zu ausgiebig, zu begeistert in diesen Anmerkungen gestöbert hatten.
Und erst die Abbildungen. Sie bedienen die Neugierde des Historikers und die frivole Lust am Charme des alten Dublin. Manchmal entstehen Collagen, die Ror Wolfs ganze Freude sein könnten. Alte Zeitungsausschnitte illustrieren die Dialoge des Buches, abnorm umfangreiche Wagner-Sängerinnen, verträumt blickende dunkelhaarige, mit Shaw befreundete Schönheiten, bei Joyce nur kurz erwähnt, schmücken die Seiten und geben eine Ahnung davon, aus welchem Rohstoff der berühmteste Dubliner seine Zauberstückchen komponierte.
„James Joyce's Dubliners. Annotated edition“. Hrsg. und kommentiert von John Wyse Jackson und Bernard McGinley. Verlag Sinclair Stevenson, London, 200 Seiten mit zahlreichen s/w Abbildungen, 25 Pfund Sterling
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