■ Vom Nachttisch geräumt: Zugang zum Machthaber
Die Größe der Macht mißt sich daran, wie weit man sich den Nächsten vom Leib halten kann. Je vollkommener das gelingt, desto isolierter wird man. Desto mehr ist der Mächtige auf Zuträger angewiesen.
Das ist die Stunde des Intellektuellen. Carl Schmitt war einer von ihnen. „Gespräche über die Macht und den Zugang zum Machthaber“ erschienen erstmals 1954. Eine Erörterung, in der ein wenig nachzittert von seinen eigenen Versuchen mit den Machthabern. Darüber ist immer wieder viel geschrieben worden. Jetzt ist der Text wieder da. Ich stoße darin auf eine Passage, die die Frage nach der individuellen Verantwortung abschieben möchte. Schuld soll keine Rolle mehr spielen, und dann schreibt Schmitt etwas hin, und das verrät, worum es wirklich geht: „Der menschliche Arm, der die Atombombe hält, das menschliche Gehirn, das die Muskeln dieses menschlichen Armes innerviert, ist im entscheidenden Augenblick weniger ein Glied des individuellen Einzelmenschen als eine Prothese, ein Teil der technischen und sozialen Apparatur, die die Atombombe produziert und zur Anwendung bringt. Die Macht des individuellen Machthabers ist hier nur noch die Ausschwitzung einer Situation, die sich aus einem System unberechenbar übersteigerter Arbeitsteilung ergibt.“
Es steht genau das da, wovon das Sprechen über die Technik und die Atombombe ablenken sollte: Auschwitz. Verräterischer war nie ein Text.
Carl Schmitt: „Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber, Gespräch über den Neuen Raum“. Akademie Verlag 1994, 70 Seiten, 58 DM
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