Volksbegehren "Pro Reli": Kulturkampf in der SPD
Die Berliner SPD ist gegen das Volksbegehren "Pro Reli" - SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier dafür. Außer ihm hat auch Angela Merkel die Forderungen unterschrieben.
BERLIN taz SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier unterstützt das Volksbegehren "Pro Reli" für eine Stärkung des Religionsunterrichts in Berlin. Damit stellt er sich gegen seinen Berliner Landesverband, der das Volksbegehren ablehnt und dafür eintritt, dass der Ethikunterricht ein Pflichtfach für alle Schüler in der Hauptstadt bleibt. Wie die Initiative für das Volksbegehren nun mitteilte, hat neben Steinmeier auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Forderungen unterschrieben.
Insgesamt reichte die Initiative, die hauptsächlich von der evangelischen und katholischen Kirche getragen wird, mehr als 307.000 Unterschriften beim Landeswahlleiter ein. Das ist deutlich mehr als notwendig - 170.000 hätten schon gereicht. Innerhalb der nächsten acht Monate muss die rot-rote Landesregierung von Klaus Wowereit (SPD) jetzt eine Volksabstimmung organisieren.
Bisher haben in Berlin alle Schüler von der siebten bis zur zehnten Klasse Ethikunterricht. Zusätzlich können die Kirchen von der ersten bis zur dreizehnten Klasse Religionsunterricht anbieten, der für die Schüler freiwillig ist. "Pro Reli" will, dass alle Schüler, die sich für Religion entscheiden, keinen Ethikunterricht mehr haben. Das soll das Fach Religion wieder attraktiver machen - derzeit wählen die Schüler das Fach massenhaft ab, sobald sie 14 Jahre alt werden und selbst darüber entscheiden können.
Der von SPD und Linkspartei getragene Senat lehnt das Volksbegehren ab. "Wir sind sehr überzeugt von unserem Fach Ethik und davon, dass die Mehrheit der Berliner diesen Weg für richtig hält: Ethikunterricht für alle", so Regierungssprecher Richard Meng. Der Senat hält es nach wie vor für gut, dass es neben dem nach Konfessionen getrennten Religionsunterricht auch ein Fach gibt, in dem evangelische, katholische, muslimische, jüdische und atheistische Schüler sich zusammen über Werte unterhalten.
Nun zeichnet sich ein möglicher Konflikt um den Termin für die Volksabstimmung ab. Und diese Frage könnte erheblichen Einfluss auf den Ausgang der Abstimmung haben. Denn damit das Ergebnis gültig ist, müssen die Religionsbefürworter eine hohe Hürde überwinden: Mehr als 25 Prozent aller Wahlberechtigten müssen mit Ja stimmen. Die Initiative "Pro Reli" wünscht sich die Abstimmung gleichzeitig mit der Europawahl am 7. Juni. Senatssprecher Meng hingegen schließt auch eine Abstimmung an einem früheren Termin nicht aus. Dadurch würde es im Ergebnis für die Initiative deutlich schwieriger, genug Religionsfreunde zu den Wahlurnen zu mobilisieren.
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