: Vogelsterben befürchtet
■ Verdacht auf Botulismus-Erreger im Wattenmeer
Der Nordseeküste droht möglicherweise erneut ein durch Botulismus-Erreger hervorgerufenes Vogelsterben. Auf den Inseln Scharhörn und Trischen wurden am Sonntag und Montag 110 tote oder kranke Tiere entdeckt, die Botulismussymptome aufwiesen. Das teilten gestern das Nationalparkamt Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in Tönning sowie der Naturschutz-Verein Jordsand mit. Erst vor zwei Jahren waren im Wattenmeer knapp 16.000 Vögel an den giftigen Ausscheidungen des Bakteriums Clostridium botulinum verendet.
Die Vögel hätten die typischen Botulismus-Symptome wie Lähmungserscheinungen, unsicheren Flug oder Landungen aufgewiesen, erklärte der Sprecher des Nationalparkamtes, Hendrik Brunckhorst. Verdächtig ist zudem, daß ein Großteil der verendeten oder kranken Tiere auf der Insel Trischen in der Meldorfer Bucht gefunden wurde. Dort fielen bereits vor zwei Jahren viele Vögel der Epidemie zum Opfer. Ob es sich auch in diesem Jahr tatsächlich um Botulismus handele, müsse jedoch noch untersucht werden, so Brunckhorst. Ergebnisse werden voraussichtlich in zwei bis drei Tagen vorliegen.
Botulismus-Bakterien vermehren sich in Würmern, Maden oder Kleinkrebsen. Bei warmem Wetter können sie sich ideal entwickeln und scheiden dann Substanzen aus, die für ihre Wirte – die Würmer und Krebse – ungefährlich sind, aber nicht für Vögel, die sich von diesen Tieren ernähren. Bei den Vögeln bewirkt das Nervengift, daß zunächst Beine und Flügel, später weitere Körperteile bis hin zur Atem- und Herz-Muskulatur gelähmt werden. Die Tiere sterben durch Ertrinken, Ersticken oder werden zur leichten Beute von Raubtieren.
Vogelschützer können gegen das Bakterium wenig ausrichten. „Wir können nur die verendeten Tiere absammeln“, erklärt Brunckhorst. Damit wird das Bakterium zumindest in seiner Ausbreitungsgeschwindigkeit gebremst, da es sich in den Kadavern besonders schnell vermehren kann. Das Gift der Bakterien ist für Menschen ungefährlich. Spaziergänger sollten tote oder hilflos wirkende Vögel dennoch nicht berühren, sondern die nächste Vogelschutzwarte, Strandwächter oder das Nationalparkamt benachrichtigen. Achim Fischer
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