: Vogelparadiese an der Elbe in Gefahr
■ Der Fluß soll zwischen Usti und Hamburg ausgebaut und kanalisiert werden/ NaturschützerInnen befürchten irreparable Schäden für die einzigartige Landschaft in den Elbniederungen
Schnackenburg/Schwerin. Die Elbe, einer der schmutzigsten Flüsse Europas, ist gleichzeitig der einzige große deutsche Fluß, der, so muß jetzt festgestellt werden, durch die deutsche Teilung seine natürliche Dynamik weitgehend erhalten hat. So bieten Fluß und Flußlandschaft in den Elbniederungen unterhalb Wittenberge einer ungeahnten Vielfalt bedrohter und seltener Tiere eine Heimat. Doch dieses Kleinod gerät in Gefahr durch die Pläne, den Fluß von Usti bis Hamburg zu einer funktionellen Wasserstraße zu kanalisieren. Darauf machten jetzt NaturschützerInnen bei einer Besichtigung der Elbauen aufmerksam.
Die ehemalige DDR-Staatsgrenze West an der Unterelbe, die jahrzehntelang auf der einen Seite nicht betreten werden durfte und auf der anderen Seite im Dornröschenschlaf des niedersächsischen Zonenrandgebietes lag, beherbergt Fischadler, Kraniche, Störche, Sing- und Zwergschwäne und andere seltengewordene Tiere. „Noch!“, warnt Dr. Manfred Prügel, Hamburger Elbe- Referent des DBV/Naturschutzbundes Deutschland. Zwar seien strukturelle Verbesserungen beiderseits der Elbe nötig, doch müßten NaturschützerInnen frühzeitig in die Planung einbezogen werden, so seine Forderung. Sie basiert auf der Erfahrung, daß „wir erst gefragt werden, wenn alles gelaufen ist“, und es für Flora und Fauna zu spät ist.
Die ExpertInnen bedauern, daß alles in einem fast rechtsfreien Raum laufe. Bei der Suche nach einer Autobahntrasse von Lüneburg elbaufwärts, so ihr Rat, sollten die besonders empfindlichen Belange des Naturschutzes unbedingt vorher berücksichtigt werden.
So hofft die Leiterin der westdeutschen Naturparkverwaltung Elbetal, Dr. Brigitte Königstedt, daß die für 1991 geplante Eingliederung des Amtes Neuhaus in das Land Niedersachsen noch auf sich warten lasse: Es wäre hilfreich, wenn sich die Naturschutzpraxis rechts der Elbe etablieren und fundieren könne, bevor die lascheren niedersächsischen Naturschutz-Bestimmungen die schärferen Ex-DDR-Gesetze ablösten. Allerdings bleibe, wenn dann auch die Lenzner Wische aus dem Kreis Ludwigslust aus- und in das Land Brandenburg eingegliedert werde, vom Territorium des Naturparks nicht viel für Mecklenburg-Vorpommern übrig. Sinnvoll sei es dann, eine grenzüberschreitende gemeinsame Institution zu gründen, so Brigitte Königstedt. Ernstwalter Clees (adn)
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