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VogelgrippeImpfstoff-Suche ohne Ende

Nach neuen H5N1-Fällen muss Landwirtschaftsminister Seehofer eingestehen, bei der Seuchenbekämpfung keinen Schritt weiter zu sein.

Impfen? Nein, meinen Experten. Nicht solange geimpfte Tiere nicht von infizierten unterschieden werden können. Bild: dpa

Am Mittwoch warens neun: Sechs Wildvögel im Raum Nürnberg und drei Vögel in Sachsen sind bis dahin definitiv an Vogelgrippe gestorben - und zwar an der hoch ansteckenden Variante des H5N1-Virus. Verdächtig sind vier weitere Tiere, die noch untersucht werden. Aufregung versucht Bundesagrarminister Horst Seehofer zu vermeiden: "Nicht jeder tote Vogel, der jetzt in der Natur gefunden wird, ist ein Vogelgrippe-Verdachtsfall", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch. "Besonnenes" und "konsequentes" Handeln sei jetzt gefragt - ohne Panik, Hysterie und falsche Kompromisse.

Dazu zählt der Minister auch Impfaktionen von Nutztieren, die unter anderem die Grünen fordern. "Auch wenn ich weiß, dass Impfungen in der Bevölkerung populär sind: In der Seuchenbekämpfung sind sie ein Rückschritt." Dem stimmt Thomas Mettenleiter, Leiter des Friedrich-Loeffler-Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit (FLI), zu: Impfungen kämen derzeit "überhaupt nicht in Frage". Denn geimpfte Tiere könnten von infizierten nicht unterschieden werden, die bestehenden Probleme würden somit nur teilweise gelöst. "Wir sind seit einem Jahr mit Hochdruck dabei, die Impfproblematik zu lösen, einen Markerimpfstoff zu entwickeln", erklärte Seehofer.

Bärbel Höhn, Vizefraktionsvorsitzende der Grünen, kann das nicht nachvollziehen: In den Niederlanden werde seit Monaten geimpft. "Ich verstehe nicht, warum man einen Impfstoff entwickeln muss, wenn es schon einen gibt. Warum kooperiert man nicht mit den Niederlanden?" Vor allem Betriebe mit Freilandhaltung würden davon profitieren. Das Problem, dass gesunde von infizierten Tieren nicht unterscheidbar seien, würde dort mit der "Wächtertier-Strategie" gelöst: Nicht alle Vögel eines Stalls werden geimpft. Sollte das Virus den Betrieb befallen, sei dies durch die ungeimpften Wächtertiere ersichtlich. "Diese Diskussion haben wir bereits im vergangenen Jahr geführt", meint FLI-Pressesprecherin Elke Reinking. Die Impfstrategie der Niederländer habe zu einer "unübersichtlichen Lage" geführt. Deshalb werde - beispielsweise auch in China - an der Entwicklung eines anderen Impfstoffes geforscht, der einen Schnelltest zulässt.

Dass die Fleischexporte eingeschränkt werden könnten, zählt zu Seehofers größten Sorgen - die EU-Kommission könne dabei "erbarmungslos" sein. Die Konsequenzen hätten dann nicht nur jene Regionen zu tragen, in denen an der Vogelgrippe gestorbene Tiere gefunden werden, sondern "ganz Deutschland". Schlampereien bei der Seuchenbekämpfung könne man sich deshalb nicht leisten - auch wenn gegenwärtig keine Zuchttiere betroffen sind. Diese wurden bisher unter anderem in einer tschechischen Geflügelfarm gemeldet. Woher die Viren stammten, die die Wildvögel in Deutschland töteten, ist aber unklar.

Obwohl hierzulande nach wie vor die "höchste" Risikostufe gilt: Die geplante Herabstufung auf "mäßig" soll nach wie vor in den nächsten Tagen vom Bundesrat abgesegnet werden. Damit erhielten die Länder wieder mehr Kompetenzen bei der Rechtssetzung. Sollte sich die Situation verschlechtern, kann das Verfahren laut Seehofer immer noch gestoppt werden.

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1 Kommentar

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  • AT
    Antonietta Tumminello

    Welche entsetzlichen Konsequenzen das massenhafte Zusammenpferchen von Tieren hat, zeigt sich an der Vogelgrippe. Das Vogelgrippe-Virus findet in den gigantischen Mastbatterien und Eierfabriken Ostasiens einen idealen Nährboden und kann sich blitzartig auf Hunderttausende von Tieren verbreiten. Doch trotz der rücksichtslosen Fleischproduktion in Ostasien werden laut Zolldirektion allein aus China jährlich rund 500 Tonnen Geflügel und 25 Tonnen Kaninchenfleisch in die Schweiz importiert. Die Globalisierung dank billiger Transportkosten und Produktion in Tieflohnländern machts möglich. Und die Tatsache, dass für importierte Tierprodukte nicht die gleichen Tierschutzstandards gelten wie für Produkte aus einheimischer Tierhaltung.