Vizepräsident von Libyens Rebellenregierung: "Kein Problem mit Berlusconi"
Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates freut sich, dass Italien nicht mehr Gaddafi, sondern die Rebellen stützt. Dafür kommt man Italien bei der Flüchtlingsfrage entgegen.
taz: Herr Ghoga, der Chef des Nationalen Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, ist zu politischen Gesprächen in Rom gewesen. Worum ging es dabei?
Abdul Hafiz Ghoga: Präsident Jalil besucht die drei Länder, die den Nationalen Übergangsrat anerkannt haben, also Italien, Frankreich und Katar. In Rom konnte er sich für die Unterstützung bedanken, welche die italienische Regierung dem Teil des libyschen Volkes zugesagt hat, der in den befreiten Gebieten lebt.
Ging es dabei auch um Waffenlieferungen?
Darum kümmert sich unser Militärchef, Abdel Fattah Younis. Waffenlieferungen sind unabdingbar für den erfolgreichen Widerstand gegen Gaddafis Einheiten. Younis rechnet in den nächsten Tagen mit einer Stellungnahme seitens der italienischen Regierung.
Die Regierung Berlusconi hat sehr enge Verbindungen zum Gaddafi-Regime gepflegt. Haben Sie nicht Zweifel an der Verlässlichkeit eines Partners, der vor kurzem noch Ihren ärgsten Feind hofierte?
Nein, wir sehen da kein Problem. Wir sind glücklich, dass sich die italienische Regierung auf die Seite des libyschen Volkes und des Übergangsrates gestellt hat.
Der italienisch-libysche Freundschaftsvertrag enthält auch eine umstrittene Vereinbarung zur Abwehr von Flüchtlingen, die über Libyen nach Italien kommen wollen. Wird der Übergangsrat diese Vereinbarung respektieren?
Ja, wie alle Punkte des Vertrags. Die Regierung Berlusconi kommt uns sehr entgegen, und wir werden im Gegenzug Immigranten daran hindern, illegal die italienischen Küsten zu erreichen.
Wie soll es denn in Libyen selbst nun weitergehen?
Zunächst: Der Nationale Übergangsrat wartet nicht einfach den Ausgang des Krieges ab, sondern arbeitet kontinuierlich am Aufbau des neuen libyschen Staates. Und zwar nicht nur in den befreiten Gebieten, sondern auch im von Gaddafi kontrollierten Westen, auch in Tripolis. Wir können hier keine Namen nennen, da das die betreffenen Personen gefährden würde. Aber es sind viele. Wir verstehen uns jedenfalls als Regierung für ganz Libyen. Wir sind diplomatisch im Ausland aktiv, um Anerkennung und Hilfe aller Art zu organisieren, vor allem Lebensmittel, Güter des täglichen Bedarfs für die Bevölkerung und Waffen für unseren Kampf.
Der Ölexport ist Ihre Eintrittskarte bei vielen Regierungen. Wann wird die Produktion wieder aufgenommen werden?
Ich kann das nicht genau sagen. In den vergangenen Wochen haben Gaddafis Truppen einige Förderzentren angegriffen. Wir bemühen uns, die Anlagen unter unserer Kontrolle schnellstmöglich zu reparieren. Eine Million Barrel, die gelagert waren, haben wir schon verkauft. Katar hat sich bereit erklärt, uns beim Verkauf zu helfen und ist hier unser engster Partner. In Zukunft wollen wir den Ölverkauf an die Länder, die entsprechende Abkommen mit Libyen haben, aber wieder selbst übernehmen. Der Nationale Übergangsrat hat erklärt, aus Libyen ein freies Land machen zu wollen, mit demokratischen Institutionen, Pressefreiheit und so weiter.
Wie stehen Sie zu den Aufständen gegen Diktaturen in anderen arabischen Ländern?
Wir führen unseren Kampf für ein anderes Libyen und stehen an der Seite aller arabischen Völker, die sich gegen autoritäre Regierungen zur Wehr setzen.
Auch in Katar, das Sie offen unterstützt, und in den anderen Emiraten am Golf, etwa in Bahrain?
Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens. Libyen und Syrien sind brutale Diktaturen. In Ägypten, Tunesien und Jemen gab es jahrzehntelang nur Scheinwahlen. Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten. Die Situation ist hier ganz anders als in Libyen oder Syrien. Das sollte man nicht auf die gleiche Stufe stellen.
Das Interview wurde in Bengasi geführt. "il manifesto", 20. 4 2011. Mit freundlicher Genehmigung von "il manifesto" Übersetzung aus dem Italienischen: Ambros Waibel
Leser*innenkommentare
FAXENDICKE
Gast
Die IllegalInnenivasion muss mit allen Mitteln im Namen der EuropäerInnen gestoppt werden!
guntherKummerlande
Gast
Wenn unter den libyschen Flüchtlingen,
die nach Italien und Frankreich streben
Schläfer Gadaffis sich druntergemischt haben sollten,
kann die Situation für Europa noch
sehr brenzlig werden.
Auf keinen Fall sollten Flüchtlinge, dessen
Land von EU-Staaten und USA angegriffen
werden in diese Regionen flüchten dürfen,
weil das Sicherheitsrisiko bei der vorhandenen
Infrastruktur viel zu hoch ist
(Atomkraftwerke, Schulen, Krankenhäuser,Fabriken,
----------------
Chemieanlagen).
Dieses Gefahrenpotential hat es in dem Umfang zu Zeiten
des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben!
Deshalb wäre eine historische Gegenargumentation
nicht statthaft.
Es müssen für diese Flüchtlingsströme
Ausweichquartiere in neutralen Staaten
der Afrikanischen Union geschaffen werden,
um auch die Wirtschaftsflüchtlingsfrage nicht
mit der Kriegsflüchtlingsfrage zu vermengen
und Schläfertruppen zu verhindern.
Gadaffi bot schon sehr vielen Terroristen Unterschlupf und Ausbildung . Man sollte Ihn auf keinen Fall unterschätzen.
Warum sollte nicht ein drittes Land (ohne
Folter und offener Diktatur) Infrastruktur
und zukünftig gute Kontakte zur
Europäischen Union und dem befreiten Libyen
erhalten, wenn es im Gegenzug die Flüchtlinge
für 3-4 Jahre maximal aufnimmt.
Ohne Interimsverfassung mit absoluter
Verbindlichkeit für die
provisorische Regierung (und
Anerkennung durch den Weltsicherheitsrat) keine Legitimation.
Wenn diese vorliegt und
demokratischen Grundsätzen genügt, sollen
Waffenlieferungen zwingend erfolgen.
Einem Volk muss das Recht gegeben werden,
sich selbst verteidigen zu können!!!
Handel ist erlaubt, weil Handel mit Gadaffi,
Drahtzieher von Massenmorden(Lockerby u.ä.)
auch erlaubt war. Gadaffi muss die Welthandels-
gesetze und -gepflogenheiten akzeptieren,
die auch Ihm genutzt haben.
Aber er hat völkerrechtlich allen Grund
sich eine offene militärische Intervention
(Drohnenkampf der USA) zu verbieten, weil
es völkerrechtsswidriges Eingreifen bedeutet.
Alle müssen sich aber an Recht und Gesetz halten,
damit nicht nur Atomwaffenländer auf ihre
Souveranität pochen können, sondern überall Recht und
Gesetz gilt.
Im übrigen könnten zinslose Kredite auf Ölbasis
für die Nach-Gadaffi-Zeit zur
Bestellung eigener Söldnertruppen Wunder wirken.
Geld würde erst nach Beendigung aller
Kriegshandlungen und Sieg bezahlt werden.
Sinnvollerweise würde man natürlich
Gadaffis Söldner auch solche Angebote zukommen lassen. Natürlich erst, wenn sie genügend
lang in der Defensive waren.
Wenn Exillibyer und andere Nichtregierungsmäzene
neue Söldnertruppen unter Waffen stellen,
könnte Gadaffi mit seinen eigenen Waffen geschlagen
werden, sofern die Rebellen sich nicht verbrüdern
oder zu Warlords verkommen.
Vielleicht sollte man Missratah evakuieren
und in o.g. Drittland überführen.
Sollte die Revolution scheitern, wären wenigstens
die Mutigsten nicht die Dummen, sondern
nur die Feiglinge, die die Gadaffis Diktatur
dann auch verdient haben.
Freilich wären dann ein paar mehr Schmankerl
für das Drittland notwendig.
pekerst
Gast
"... da das die betreffenen Personen gefährden würde." "betreffenen"?
"Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten." Ein Überraschungsei zu Ostern?
Muhammad Ali
Gast
Abdul Hafiz Ghoga:
"Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens. Libyen und Syrien sind brutale Diktaturen. In Ägypten, Tunesien und Jemen gab es jahrzehntelang nur Scheinwahlen. Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten. Die Situation ist hier ganz anders als in Libyen oder Syrien. Das sollte man nicht auf die gleiche Stufe stellen."
Der Herr Ghoga ist also ein Vertreter der "demokratischen" Opposition in Libyen. Also was mir dieser Kommentar zeigt, ist, dass er von Demokratie offensichtlich keine Ahnung hat. Katar als demokratischen Staat zu bezeichnen, geht meiner Einschätzung nach meilenweit an der Realität vorbei. Eher handelt es sich bei Katar um ein absolutistisches Emirat ohne Parlament oder ähnliche Institutionen, die vom Westen gerne als eindeutige Merkmale der Demokratie bezeichnet werden. Bezieht sich der Vize des Nationalen Übergangsrates nun also auf ein Land wie Katar oder Bahrain, wo jüngst wegen der Proteste das Kriegsrecht ausgerufen wurde, ist das nur ein weiteres Indiz dafür, dass auf Libyen in Zukunft nicht viel Gutes zu kommt.
Für mich klingt das sehr nach dem Wiederkauen der britischen, französischen und US-amerikanischen Kriegspropaganda.
Obama hat sich ja neulich auch schon beim (wahrscheinlich demokratisch gewählten) König von Katar für dessen Unterstützung der 'Operation Libya' bedankt (http://de.rian.ru/politics/20110415/258848974.html). Da das Hauptquartier der US-Truppen im Nahen Osten in Katar liegt, ist das Verhältnis natürlich freundschaftlich, egal ob Demokratie oder nicht.
Hans Schindler
Gast
Kooperation gut: " .. und wir werden im Gegenzug Immigranten daran hindern, illegal die italienischen Küsten zu erreichen."
Weitere Kommentare nicht mehr nötig?
Jürgen Orlok
Gast
Wie ein amerikanischer Offizieller ( inoffiziel, wenn's von Bedeutung kann ich die amerikanische Quelle noch mal raussuchen): Die Rebellen wissen, was sie sagen müssen ...
Zusatz von mir: gecoacht durch Frankreich und Bernard-Henri Lévy und seine Spießgesellen.
Also dann auf die Demokratien Katar, Bahrein und die Golfstaaten und KolonialMächte F, GB und I
Prost !
xVegAnarchistx
Gast
Politiker, egal wo auf dieser Welt, sind und bleiben ein widerliches Opportunisten-Pack
Henner Kröper
Gast
Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles
Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.
Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens
Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.
Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,
Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.
Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee
Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,
Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.
Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?
Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?
Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?
Heute ist so etwas ja Mode.
Henner Kröper
Gast
Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles
Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.
Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens
Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.
Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,
Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.
Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee
Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,
Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.
Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?
Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?
Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?
Heute ist so etwas ja Mode.
Henner Kröper
Gast
Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles
Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.
Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens
Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.
Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,
Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.
Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee
Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,
Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.
Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?
Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?
Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?
Heute ist so etwas ja Mode.