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Vizepräsident von Libyens Rebellenregierung"Kein Problem mit Berlusconi"

Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates freut sich, dass Italien nicht mehr Gaddafi, sondern die Rebellen stützt. Dafür kommt man Italien bei der Flüchtlingsfrage entgegen.

Abdul Hafiz Ghoga: "Wir führen unseren Kampf für ein anderes Libyen." Bild: dpa
Interview von Michele Giorgio

taz: Herr Ghoga, der Chef des Nationalen Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, ist zu politischen Gesprächen in Rom gewesen. Worum ging es dabei?

Abdul Hafiz Ghoga: Präsident Jalil besucht die drei Länder, die den Nationalen Übergangsrat anerkannt haben, also Italien, Frankreich und Katar. In Rom konnte er sich für die Unterstützung bedanken, welche die italienische Regierung dem Teil des libyschen Volkes zugesagt hat, der in den befreiten Gebieten lebt.

Ging es dabei auch um Waffenlieferungen?

Darum kümmert sich unser Militärchef, Abdel Fattah Younis. Waffenlieferungen sind unabdingbar für den erfolgreichen Widerstand gegen Gaddafis Einheiten. Younis rechnet in den nächsten Tagen mit einer Stellungnahme seitens der italienischen Regierung.

Die Regierung Berlusconi hat sehr enge Verbindungen zum Gaddafi-Regime gepflegt. Haben Sie nicht Zweifel an der Verlässlichkeit eines Partners, der vor kurzem noch Ihren ärgsten Feind hofierte?

Nein, wir sehen da kein Problem. Wir sind glücklich, dass sich die italienische Regierung auf die Seite des libyschen Volkes und des Übergangsrates gestellt hat.

Abdul Hafiz Ghoga

ist Menschenrechtsanwalt und Vizepräsident des libyschen Nationalen Übergangsrates in Bengasi. Er vertritt die Familien der Opfer des Massakers im Gefängnis von Abu Salim 1996, bei dem Gaddafis Truppen nach Angaben von Augenzeugen fast 1200 Gefangene ermordeten.

Der italienisch-libysche Freundschaftsvertrag enthält auch eine umstrittene Vereinbarung zur Abwehr von Flüchtlingen, die über Libyen nach Italien kommen wollen. Wird der Übergangsrat diese Vereinbarung respektieren?

Ja, wie alle Punkte des Vertrags. Die Regierung Berlusconi kommt uns sehr entgegen, und wir werden im Gegenzug Immigranten daran hindern, illegal die italienischen Küsten zu erreichen.

Wie soll es denn in Libyen selbst nun weitergehen?

Zunächst: Der Nationale Übergangsrat wartet nicht einfach den Ausgang des Krieges ab, sondern arbeitet kontinuierlich am Aufbau des neuen libyschen Staates. Und zwar nicht nur in den befreiten Gebieten, sondern auch im von Gaddafi kontrollierten Westen, auch in Tripolis. Wir können hier keine Namen nennen, da das die betreffenen Personen gefährden würde. Aber es sind viele. Wir verstehen uns jedenfalls als Regierung für ganz Libyen. Wir sind diplomatisch im Ausland aktiv, um Anerkennung und Hilfe aller Art zu organisieren, vor allem Lebensmittel, Güter des täglichen Bedarfs für die Bevölkerung und Waffen für unseren Kampf.

Der Ölexport ist Ihre Eintrittskarte bei vielen Regierungen. Wann wird die Produktion wieder aufgenommen werden?

Ich kann das nicht genau sagen. In den vergangenen Wochen haben Gaddafis Truppen einige Förderzentren angegriffen. Wir bemühen uns, die Anlagen unter unserer Kontrolle schnellstmöglich zu reparieren. Eine Million Barrel, die gelagert waren, haben wir schon verkauft. Katar hat sich bereit erklärt, uns beim Verkauf zu helfen und ist hier unser engster Partner. In Zukunft wollen wir den Ölverkauf an die Länder, die entsprechende Abkommen mit Libyen haben, aber wieder selbst übernehmen. Der Nationale Übergangsrat hat erklärt, aus Libyen ein freies Land machen zu wollen, mit demokratischen Institutionen, Pressefreiheit und so weiter.

Wie stehen Sie zu den Aufständen gegen Diktaturen in anderen arabischen Ländern?

Wir führen unseren Kampf für ein anderes Libyen und stehen an der Seite aller arabischen Völker, die sich gegen autoritäre Regierungen zur Wehr setzen.

Auch in Katar, das Sie offen unterstützt, und in den anderen Emiraten am Golf, etwa in Bahrain?

Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens. Libyen und Syrien sind brutale Diktaturen. In Ägypten, Tunesien und Jemen gab es jahrzehntelang nur Scheinwahlen. Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten. Die Situation ist hier ganz anders als in Libyen oder Syrien. Das sollte man nicht auf die gleiche Stufe stellen.

Das Interview wurde in Bengasi geführt. "il manifesto", 20. 4 2011. Mit freundlicher Genehmigung von "il manifesto" Übersetzung aus dem Italienischen: Ambros Waibel

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10 Kommentare

 / 
  • F
    FAXENDICKE

    Die IllegalInnenivasion muss mit allen Mitteln im Namen der EuropäerInnen gestoppt werden!

  • G
    guntherKummerlande

    Wenn unter den libyschen Flüchtlingen,

    die nach Italien und Frankreich streben

    Schläfer Gadaffis sich druntergemischt haben sollten,

    kann die Situation für Europa noch

    sehr brenzlig werden.

     

    Auf keinen Fall sollten Flüchtlinge, dessen

    Land von EU-Staaten und USA angegriffen

    werden in diese Regionen flüchten dürfen,

    weil das Sicherheitsrisiko bei der vorhandenen

    Infrastruktur viel zu hoch ist

    (Atomkraftwerke, Schulen, Krankenhäuser,Fabriken,

    ----------------

    Chemieanlagen).

    Dieses Gefahrenpotential hat es in dem Umfang zu Zeiten

    des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben!

    Deshalb wäre eine historische Gegenargumentation

    nicht statthaft.

     

    Es müssen für diese Flüchtlingsströme

    Ausweichquartiere in neutralen Staaten

    der Afrikanischen Union geschaffen werden,

    um auch die Wirtschaftsflüchtlingsfrage nicht

    mit der Kriegsflüchtlingsfrage zu vermengen

    und Schläfertruppen zu verhindern.

     

    Gadaffi bot schon sehr vielen Terroristen Unterschlupf und Ausbildung . Man sollte Ihn auf keinen Fall unterschätzen.

     

    Warum sollte nicht ein drittes Land (ohne

    Folter und offener Diktatur) Infrastruktur

    und zukünftig gute Kontakte zur

    Europäischen Union und dem befreiten Libyen

    erhalten, wenn es im Gegenzug die Flüchtlinge

    für 3-4 Jahre maximal aufnimmt.

     

    Ohne Interimsverfassung mit absoluter

    Verbindlichkeit für die

    provisorische Regierung (und

    Anerkennung durch den Weltsicherheitsrat) keine Legitimation.

    Wenn diese vorliegt und

    demokratischen Grundsätzen genügt, sollen

    Waffenlieferungen zwingend erfolgen.

    Einem Volk muss das Recht gegeben werden,

    sich selbst verteidigen zu können!!!

    Handel ist erlaubt, weil Handel mit Gadaffi,

    Drahtzieher von Massenmorden(Lockerby u.ä.)

    auch erlaubt war. Gadaffi muss die Welthandels-

    gesetze und -gepflogenheiten akzeptieren,

    die auch Ihm genutzt haben.

    Aber er hat völkerrechtlich allen Grund

    sich eine offene militärische Intervention

    (Drohnenkampf der USA) zu verbieten, weil

    es völkerrechtsswidriges Eingreifen bedeutet.

    Alle müssen sich aber an Recht und Gesetz halten,

    damit nicht nur Atomwaffenländer auf ihre

    Souveranität pochen können, sondern überall Recht und

    Gesetz gilt.

     

    Im übrigen könnten zinslose Kredite auf Ölbasis

    für die Nach-Gadaffi-Zeit zur

    Bestellung eigener Söldnertruppen Wunder wirken.

    Geld würde erst nach Beendigung aller

    Kriegshandlungen und Sieg bezahlt werden.

    Sinnvollerweise würde man natürlich

    Gadaffis Söldner auch solche Angebote zukommen lassen. Natürlich erst, wenn sie genügend

    lang in der Defensive waren.

     

    Wenn Exillibyer und andere Nichtregierungsmäzene

    neue Söldnertruppen unter Waffen stellen,

    könnte Gadaffi mit seinen eigenen Waffen geschlagen

    werden, sofern die Rebellen sich nicht verbrüdern

    oder zu Warlords verkommen.

     

    Vielleicht sollte man Missratah evakuieren

    und in o.g. Drittland überführen.

    Sollte die Revolution scheitern, wären wenigstens

    die Mutigsten nicht die Dummen, sondern

    nur die Feiglinge, die die Gadaffis Diktatur

    dann auch verdient haben.

    Freilich wären dann ein paar mehr Schmankerl

    für das Drittland notwendig.

  • P
    pekerst

    "... da das die betreffenen Personen gefährden würde." "betreffenen"?

    "Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten." Ein Überraschungsei zu Ostern?

  • MA
    Muhammad Ali

    Abdul Hafiz Ghoga:

    "Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens. Libyen und Syrien sind brutale Diktaturen. In Ägypten, Tunesien und Jemen gab es jahrzehntelang nur Scheinwahlen. Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten. Die Situation ist hier ganz anders als in Libyen oder Syrien. Das sollte man nicht auf die gleiche Stufe stellen."

     

    Der Herr Ghoga ist also ein Vertreter der "demokratischen" Opposition in Libyen. Also was mir dieser Kommentar zeigt, ist, dass er von Demokratie offensichtlich keine Ahnung hat. Katar als demokratischen Staat zu bezeichnen, geht meiner Einschätzung nach meilenweit an der Realität vorbei. Eher handelt es sich bei Katar um ein absolutistisches Emirat ohne Parlament oder ähnliche Institutionen, die vom Westen gerne als eindeutige Merkmale der Demokratie bezeichnet werden. Bezieht sich der Vize des Nationalen Übergangsrates nun also auf ein Land wie Katar oder Bahrain, wo jüngst wegen der Proteste das Kriegsrecht ausgerufen wurde, ist das nur ein weiteres Indiz dafür, dass auf Libyen in Zukunft nicht viel Gutes zu kommt.

    Für mich klingt das sehr nach dem Wiederkauen der britischen, französischen und US-amerikanischen Kriegspropaganda.

    Obama hat sich ja neulich auch schon beim (wahrscheinlich demokratisch gewählten) König von Katar für dessen Unterstützung der 'Operation Libya' bedankt (http://de.rian.ru/politics/20110415/258848974.html). Da das Hauptquartier der US-Truppen im Nahen Osten in Katar liegt, ist das Verhältnis natürlich freundschaftlich, egal ob Demokratie oder nicht.

  • HS
    Hans Schindler

    Kooperation gut: " .. und wir werden im Gegenzug Immigranten daran hindern, illegal die italienischen Küsten zu erreichen."

    Weitere Kommentare nicht mehr nötig?

  • JO
    Jürgen Orlok

    Wie ein amerikanischer Offizieller ( inoffiziel, wenn's von Bedeutung kann ich die amerikanische Quelle noch mal raussuchen): Die Rebellen wissen, was sie sagen müssen ...

    Zusatz von mir: gecoacht durch Frankreich und Bernard-Henri Lévy und seine Spießgesellen.

     

    Also dann auf die Demokratien Katar, Bahrein und die Golfstaaten und KolonialMächte F, GB und I

    Prost !

  • X
    xVegAnarchistx

    Politiker, egal wo auf dieser Welt, sind und bleiben ein widerliches Opportunisten-Pack

  • HK
    Henner Kröper

    Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles

    Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.

    Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens

    Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.

    Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,

     

    Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.

     

    Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee

    Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,

    Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.

     

    Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?

    Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?

     

    Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?

    Heute ist so etwas ja Mode.

  • HK
    Henner Kröper

    Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles

    Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.

    Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens

    Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.

    Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,

     

    Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.

     

    Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee

    Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,

    Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.

     

    Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?

    Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?

     

    Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?

    Heute ist so etwas ja Mode.

  • HK
    Henner Kröper

    Dieser EINE Satz des Herrn Abdul Hafiz Ghoga, Vizechef des Nationalen Übergangsrates der sogenannten Libyschen Rebellen sagt eigentlich Alles

    Ausschnitt aus dem Interview der TAZ.

    Die Golfstaaten sind anders als die Länder des Nahen Ostens

    Katar hingegen unterstützt die Revolutionen und ist auch selbst demokratisch. Das gilt auch für Bahrain und andere Golfstaaten.

    Diesem Satz kann man nicht einmal den Zusammenhang rauben,

     

    Damit ist auch das letzte zweifelnde Grübeln darüber, welcher Provenienz die "armen Rebellen sind" hinfällig geworden.

     

    Arm dran sind Zivilisten und die Soldaten der Libyschen Armee

    Natürlich hat der Herr auch kein Problem mit Berlusconi,

    Den Bunga Bunga bei den sportlichen Herren in den Golfstaaten sehr beliebt.

     

    Mit wem würder sie lieber zu Abend essen?

    Mit Herrn Abdul Hafiz Ghoga oder mit Gaddafi?

     

    Das wäre doch mal die richtige Fragestellung?

    Heute ist so etwas ja Mode.