Viertelfinale der Europa-League: Petric schießt HSV ins Halbfinale
Dank zweier Petric-Tore ist der HSV im Halbfinale der Europa-League. Wenn jetzt noch Fulham geschlagen wird, gibt es das Endspiel im eigenen Stadion. Und auch die Fans scheinen versöhnt zu sein.
LÜTTICH dpa | Dank Kunsttorschütze Mladen Petric flirtet der Hamburger SV weiter mit dem ersten Titel seit 23 Jahren. Der starke Kroate mit einem Doppelpack (20./35.) und "Flaschenwerfer" Paolo Guerrero (90.) schossen den deutlich verbesserten HSV beim überzeugenden 3:1 (2:1) am Donnerstagabend bei Standard Lüttich (20./35.) ins Halbfinale der Fußball-Europa-League. Jetzt trennt die Hamburger nur noch das Duell gegen Wolfsburg-Bezwinger FC Fulham vom Heimfinale am 12. Mai.
Vor 29 000 Zuschauern im Maurice-Dufrasne- Stadion hatte Standards Kapitän Igor de Camargo (32.) den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt. "Matchwinner" Petric wurde in der 67. Minute von Guerrero abgelöst, der vom DFB-Sportgericht für fünf Spiele gesperrt wurde. Die Fans empfingen ihn mit Jubel. "Es ist ein glücklicher Tag für mich. Es war eine schwierige Woche. Ich habe versucht, mich zu konzentrieren", gab Guerrero zu, "ganz Hamburg ist jetzt glücklich, und es geht noch weiter." Auch sein Coach Bruno Labbadia sprach von einer "tollen Sache" und einem "ganz besonderen" Gefühl. "Die Mannschaft hat sehr souverän das Spiel gestaltet und auch an sich geglaubt", lobte er nach dem bestandenen Charaktertest.
Für Guerrero freute er sich "ganz besonders", über die Negativ-Stimmung der vergangenen Wochen dagegen nicht. Das sei "extrem" gewesen. "Eigentlich müsste ich sagen, ich trainiere die größte Krisenmannschaft der Bundesliga", ergänzte Labbadia süffisant. Nach tagelangen Unruhen wegen Guerreros Ausraster und der Medienschelte gegen Labbadia gingen die HSV-Profis vor Spielbeginn mit einem großen Banner "Wir für Euch - Ihr für uns" auf Schmusekurs zu ihren mitgereisten Fans, die sich versöhnlich zeigten ("gemeinsam schaffen wir die Wende"). Der reumütige Sünder Guerrero blieb zunächst draußen. Auch Piotr Trochowski musste ernüchtert auf die Bank - für ihn begann überraschend Robert Tesche.
Die Vereinsführung hatte eine Trotzreaktion nach den zuletzt schwachen Aufwärtsauftritten gefordert - und die Mannschaft ein klares Bekenntnis zu Labbadia angekündigt. Der Einsatz der Hanseaten stimmte, die defensive Ordnung auch. So fand der erwartete Angriffswirbel der Belgier praktisch kaum statt. Nach dem 2:1 im Hinspiel wollte der HSV über Ballkontrolle und Kombinationssicherheit den Gegner zu Fehlern zwingen und selbst blitzschnell zuschlagen. In der 20. Minute war's soweit: Petric köpfte Ze Robertos abgefälschte Flanke mühelos zum 1:0 ein.
Standard Lüttich - Hamburger SV 1:3 (1:2)
Standard Lüttich: Bolat - Camozzato, Victor Ramos, Sarr, Pocognoli - Nicaise (89. Mangala), Carcela-González (76. Dalmat) - Witsel, De Camargo, Jovanovic - Mbokani
Hamburger SV: Rost - Demel, Boateng, Mathijsen, Aogo - Jarolim, Zé Roberto - Tesche, Pitroipa (76. Trochowski) - van Nistelrooy (89. Berg), Petric (67. Guerrero)
Schiedsrichter: Proença (Portugal)
Zuschauer: 29.200 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Petric (20.), 1:1 De Camargo (32.), 1:2 Petric (35.), 1:3 Guerrero (90.+4)
Gelbe Karten: Camozzato, Mbokani, Pocognoli, Victor Ramos / Aogo, Demel, Jarolim, Rost, Tesche
Statt beruhigt ihre technische und taktische Überlegenheit auszuspielen, verfielen die HSV-Spieler bei Poccognolis Freistoß in kollektiven Tiefschlag. De Camargo, von Gladbach umworben, schaffte ebenfalls per Kopf ungehindert den Ausgleich. Seine Tätlichkeit gegen Rost (45.) blieb ungeahndet.
Sichtlich bemüht um positive Signale, hatte der angespannte Labbadia die Dienstreise nach Lüttich zu einem "Festtag" ausgerufen. Für Vollzeittorjäger Petric hat sich der emotionale Betriebsausflug ganz besonders gelohnt. Nach einer Traumflanke von Dennis Aogo gelang Petric mit einem Fallrückzieher Marke "Tor des Monats" die 2:1- Halbzeitführung - sein neuntes Europa League-Tor in dieser Spielzeit. Ein Torrichter der UEFA wurde kurz davor von einem Feuerzeug getroffen und musste in der Pause behandelt werden. Standard droht eine saftige Geldstrafe.
Auch nach dem Wechsel hatten die Norddeutschen wenig Mühe mit den überforderten Belgiern, die nicht mehr so recht ans Weiterkommen zu glauben schienen. HSV-Stürmerstar Ruud van Nistelrooy vergab in der 49. Minute noch einen Hochkaräter, ehe der Tabellenachte Belgiens durch Axel Witsel (54.) und Mbokani (60.) gleich zweimal aus aussichtsreicher Position scheiterte. Das Spiel bot dann bis auf das Tor Guerreros in der Nachspielzeit keine weiteren Höhepunkte und der HSV holte sich mit dieser reifen Leistung neues Selbstvertrauen für den Endspurt in der Liga. Bereits im Vorjahr standen die Hamburger in der Vorschlussrunde des UEFA Cups.
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