Viertelfinale French Open im Tennis: Na, geht doch
Laura Siegemund zieht bei den French Open zum ersten Mal in ihrer Karriere in das Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers ein. Mit 32 eine Überraschung.
Es gab mal Zeiten, in denen es so aussah, als gehöre man mit über 30 zum alten Eisen im Frauentennis, aber diese Zeiten sind lange vorbei. Und dabei genügt es nicht, an Serena Williams zu denken, die vor ein paar Wochen 39 wurde und nach ihrem Abschied aus Paris wegen einer Verletzung versprach, natürlich werde sie nächstes Jahr wiederkommen.
Laura Siegemund ist zwar erst 32, aber die Geschichte der Schwäbin ist auch deshalb faszinierend, weil sie nun im dritten Teil ihrer Karriere Siege verbucht, von denen sie früher nur träumen konnte. Montagmittag in Paris landete sie mit einem überzeugenden Sieg gegen Paula Badosa aus Spanien (7:5, 6:2) zum ersten Mal in ihrer Karriere im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers – ein echter Coup nach so vielen Jahren.
In der Jugend eine der Besten im Lande, war sie in ihrer ersten Zeit als Profi nicht so vorangekommen, wie sie sich das gewünscht hatte, und da sie schon damals keine Freundin halber Sachen war, hatte sie sich vom Tennis verabschiedet und ein Bachelor-Studium in Psychologie begonnen. Ohne selbst genau zu wissen warum, zog es sie vier Jahre später zum Tennis zurück, und bei der Rückkehr schien sie in besserer Form zu sein als zuvor.
Mixed-Titel bei den US Open
Sie qualifizierte sich für Olympia 2016, erreichte in Rio das Viertelfinale und legte ein paar Wochen später nach, als sie bei den US Open mit dem kroatischen Partner Mate Pavić den Titel im Mixed gewann. Und die Idee, dass sie im zweiten Anlauf ziemlich große Sprünge machen würde, wurde weiter genährt mit einem emotionalen Triumph im Frühjahr 2017 vor ihrem Heimpublikum beim Hallenturnier in Stuttgart. Doch wenig später zog sie sich beim Turnier in Nürnberg einen Kreuzbandriss zu, und damit war sie wieder raus aus der Tour.
Ohne diesen Zwischenfall wäre vermutlich alles ein wenig schneller gegangen, aber gerade weil es ein steiniger Weg ist, der hinter Siegemund liegt, zählen die Erfolge in diesem Jahr doppelt: vor ein paar Wochen der Coup bei den US Open, als sie mit ihrer russischen Partnerin, Wera Swonarewa, den Titel im Doppel gewann, und jetzt in Paris der Satz ins Viertelfinale. Nach dem Sieg in der Runde zuvor hatte sie gesagt, sie habe schon das Gefühl, das alles hätte auch früher passieren können, aber darauf komme es nicht mehr an. „Ich hab hart dafür gearbeitet, und es bedeutet mir sehr, sehr viel.“
Und es ist wirklich kein leichter Weg beim Herbstturnier im Stade Roland Garros. Seit Beginn wird sie von Schmerzen im unteren Rücken geplagt, manchmal so sehr, dass sie kaum aufschlagen kann. Was genau das Problem ist, darüber mag sie nicht reden, aber dass es keine Kleinigkeit ist, konnte man ihren Worten entnehmen, irgendwie müsse sie die Woche jetzt halt überstehen. Mit Disziplin und allen erlaubten Mitteln tat sie, was möglich ist, um weiterzuspielen, und so wurde aus dem vierten Auftritt bei diesem Turnier der beste.
Im Achtelfinale gegen die zehn Jahre jüngere Spanierin Paula Badosa spielte sie variabler, schlauer und entschlossener, und spätestens nach einem frühen Break im zweiten Satz deutete alles auf ihren Sieg hin. Die Geste nach dem Matchball passte zum Spiel: erhobene Faust und ein Gesichtsausdruck größter Entschlossenheit.
Mittwoch geht’s weiter gegen Petra Kvitova aus Tschechien. Die zweimalige Wimbledonsiegerin ist eine der wenigen gesetzten Spielerinnen, die bei diesem verwirrenden Turnier noch im Rennen sind, nachdem im Achtelfinale die Favoritin Simona Halep gegen die 19 Jahre alte Polin Iga Swiatek ausgeschieden war. Die hatte zu Beginn des Turniers verraten, sie habe einen Zeitplan, um unter den Top Ten zu landen, und falls sie den nicht erfülle, werde sie Tennis Tennis sein lassen und studieren. Ein Plan, den Siegemund kennt.
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