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■ Vier Jahre Gefängnis für den Stasi-Offizier Helmut VoigtParallele Grauzonen

Logistische Hilfe für den Oberterroristen Carlos und seine Kumpane, Panzerfaustschießen mit aktiven Mitgliedern der Rote Armee Fraktion, Fluchthilfe für die im Westen steckbrieflich gesuchten, aber kampfesmüden RAF-Kommandomitglieder und dann noch das Wissen um mehrere geplante Sprengstoffanschläge, ohne dagegen einzuschreiten. Da kommt rückblickend eine ganze Menge zusammen über den ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staat. Und das obwohl die DDR, immer um internationale Anerkennung bemüht, sämtliche internationalen Anti- Terror-Konventionen ratifiziert und den Vereinten Nationen versprochen hatte, alles zu tun, um zu helfen, weltweit den Terroristen das Handwerk zu legen.

Diese Erklärungen waren zumindest teilweise Makulatur, wie sich herausgestellt hat. Eine gewisse ideologische Nähe zu den international operierenden Befreiungsbewegungen und den ihnen angeschlossenen Terrororganisationen mag als Motiv durchaus eine Rolle gespielt haben. Ausschlaggebend dürften für die Staatsführung der DDR aber taktische und strategische Überlegungen gewesen sein. Immerhin agierten (und agieren) die diversen Gruppen unter der Obhut und nicht selten im Auftrag verschiedener arabischer Staaten. Und die Freundschaft zu diesen Ländern galt nicht nur der DDR, sondern dem gesamten Ostblock aus geopolitischen Erwägungen heraus als unverbrüchlich. Die Befürchtung, daß das eigene Territorium zum Schauplatz terroristischer Aktionen werden könnte, kann nur zweitrangig gewesen sein, schließlich hatten die östlichen Geheimdienste die Terrorgruppen unter genauer Beobachtung.

Man hüte sich aber, jetzt mit erhobenem Finger ausschließlich in Richtung Osten zu deuten. Die schreckliche Melange aus Terror und Geheimdiensten, die Fortsetzung von Politik auch mit terroristischen Mitteln, ist keine realsozialistische Erfindung. Die westlichen Länder scheuten sich in der jüngeren Vergangenheit ebensowenig, aus machtpolitischen Gründen terroristische Gruppen zu unterstützen. Das galt etwa für die Unterstützung der Contras im sandinistischen Nicaragua, für die Guerilla im kommunistischen Afghanistan, von den Unita-Rebellen im südlichen Afrika ganz zu schweigen. Wolfgang Gast

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