: Viel Gerede und keine Einigung mit der EG
■ Beim Treffen der Bundesregierung mit der EG–Kommission in Bonn ging es vor allem um den Agrar–Währungsausgleich
Berlin (dpa/taz) - Zwischen der EG–Kommission und der Bundesregierung solle es in diesem Jahr noch ein zweites Treffen geben - mit dieser Leerformel versuchte gestern Bundeskanzler Kohl die Erfolglosigkeit des Treffens zu überspielen, das am Mittwoch und Donnerstag in Bonn zum ersten Mal in der Hauptstadt eines Mitgliedslandes stattfand. Obwohl die Tagesordnung eine Reihe von Punkten aufwies, konzentrierten sich die Verhandlungen auf die Zukunft der Agrarpolitik. Zum Hauptkonfliktpunkt kristallisierte erneut der sogenannte Währungsausgleich für die Bauern, den die BRD beibehalten, alle anderen EG–Staaten indes abschaffen wollen. Angesichts der Tatsache, daß die bundesdeutschen Bauern bei einer DM–Aufwertung ohne Währungsausgleich hohe Einkommensverluste hinnehmen müssten, griff Minister Kiechle gegenüber der EG– Kommission zu pathetischem Vokabular: „Ich bitte eindringlichst darum, in dieser Notsituation nicht zu verlangen, daß der Bedrohte zu seiner Verteidigung zu letzten Notmitteln greift“. Hintergrund des Ganzen: Der EG– Ministerrat setzt die Mindestpreise für die landwirtschaftlichen „Interventionsprodukte“ in der gemeinsamen Währungseinheit ECU fest. Entsprechend dem Verhältnis ECU–DM werden nun die Preise in die bundesdeutsche Währung umgerechnet. Jede Aufwertung der DM heißt aber: weniger DM pro ECU - entsprechend weniger DM erhalten die bundesdeutschen Produzenten. Für die Landwirte eines Abwertungslandes wie Frankreich bedeuten hingegen die regelmäßig im Rahmen des Europäischen Währungssystems (EWS) durchgeführten Neufestsetzungen der Wechselkurse Einkommensverbesserungen. Durch ein Währungsausgleichssystem hatte man in der Vergangenheit stets diese Ungleichgewichte kompensiert. Teilweise wurde der Währungsausgleich bereits abgebaut. Würde er komplett beseitigt, stünden die Bauern in den übrigen EG– Ländern bei jedem EWS–Realignement vergleichsweise besser da. Und entsprechend niedriger könnten die gemeinsamen Agrarpreise festgesetzt werden - so die Befürchtung Kiechles. Aus Kreisen der Bundesregierung tönte daher schon, man wolle über die Zukunft des EWS insgesamt lauter nachdenken, wenn man sich mit dem Wunsch nach Beibehaltung des Währungsausgleichs nicht durchsetzen könne. ulk
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